OKP-Abrechnung bei ADHS: Der Ablauf erklärt

Veröffentlicht am: 01. Oktober 2025
Zuletzt ärztlich geprüft am: 08. Oktober 2025

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Porträt von Dr. med. Jens Westphal, Praktischer Arzt FMH und medizinischer Reviewer bei klaro-adhs.ch. Er begleitet Patientinnen und Patienten in der Schweiz bei der Abklärung und Behandlung von ADHS. Das Bild zeigt ihn vor einem klaro-Hintergrund als Teil des ärztlichen Teams für ADHS Schweiz.

Dr. med. Jens Westphal

ADHS-Spezialist und Praktischer Arzt (FMH)
Dr. med. Jens Westphal ist Praktischer Arzt (FMH) mit langjähriger Erfahrung in der hausärztlichen Versorgung und Psychiatrie. Er ist medizinischer Reviewer bei klaro-adhs.ch und prüft alle Inhalte rund um ADHS, Diagnostik und Therapie auf wissenschaftliche Genauigkeit und praktische Umsetzbarkeit in der Schweizer Grundversorgung.

Inhaltsverzeichnis

Menschen mit ADHS stehen in der Schweiz seit dem 1. Juli 2022 neue Möglichkeiten offen, psychotherapeutische Leistungen über die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) abzurechnen. Diese sogenannte Grundversicherung übernimmt nun unter bestimmten Voraussetzungen auch ambulante psychologische Psychotherapien, ein wichtiger Schritt, um die Versorgungslage insbesondere für Personen mit ADHS zu verbessern (Beeler, Lüscher, & Sulser, 2003).

Doch was genau bedeutet das in der Praxis? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit die Kosten übernommen werden? Und wie unterscheidet sich das neue System vom bisherigen Modell?

In diesem Artikel erfährst du:

  • Was die OKP eigentlich abdeckt und warum das für ADHS relevant ist
  • Welche Voraussetzungen für die Kostenübernahme gelten
  • Wie das sogenannte Anordnungsmodell funktioniert
  • Was du konkret tun musst, um eine Therapie über die Krankenkasse zu beginnen
  • Welche Stolpersteine es in der Praxis geben kann, und wie du sie vermeidest

Das Thema kann auf den ersten Blick komplex wirken. Gerade Begriffe wie ärztliche Anordnung, Leistungserbringer oder KLV (Krankenpflege-Leistungsverordnung) sind vielen Patientinnen und Patienten nicht geläufig. Unser Ziel ist es deshalb, dir den Ablauf so verständlich und praxisnah wie möglich zu erklären, Schritt für Schritt und mit Fokus auf die ADHS-spezifische Versorgung in der Schweiz (Beeler, Lüscher, & Sulser, 2003).

Denn: Wer den Ablauf kennt, kann sich frühzeitig Unterstützung holen, ohne unnötige Kosten oder bürokratische Umwege (Beeler, Lüscher, & Sulser, 2003).

Besonders wichtig für Menschen mit ADHS:

  • Die Abrechnung über die OKP macht die Therapie deutlich besser zugänglich, auch ohne Zusatzversicherung.
  • Du brauchst keine komplizierte Diagnostik im Vorfeld, sondern nur eine ärztliche Anordnung.
  • Der Zugang zur Therapie wird dadurch schneller, planbarer und finanziell entlastender, besonders im Vergleich zur reinen Selbstzahlung oder Zusatzversicherung.

Im Folgenden zeigen wir dir, wie der Ablauf genau funktioniert und worauf du achten solltest, damit deine Therapie auch wirklich von der Krankenkasse übernommen wird.

Was hat sich seit Juli 2022 geändert?

Die Abrechnung psychotherapeutischer Leistungen über die Grundversicherung (OKP) war in der Schweiz lange Zeit nur eingeschränkt möglich. Bis Mitte 2022 mussten psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zwingend im sogenannten Delegationsmodell arbeiten: Sie durften nur dann zulasten der OKP abrechnen, wenn sie unter der Verantwortung eines Arztes oder einer Ärztin tätig waren (Beeler, Lüscher, & Sulser, 2003). Das bedeutete in der Praxis:

Dieses Modell brachte zahlreiche Hürden mit sich, sowohl für Behandelnde als auch für Patientinnen und Patienten. Für viele Betroffene war der Zugang zu einer Therapie über die Grundversicherung dadurch unübersichtlich, bürokratisch oder schlicht nicht verfügbar (Beeler, Lüscher, & Sulser, 2003).

Mit der Reform vom 1. Juli 2022 hat sich das grundlegend geändert. Es wurde das sogenannte Anordnungsmodell eingeführt, mit dem Ziel, die psychotherapeutische Versorgung niederschwelliger und transparenter zu gestalten. Seither gelten folgende neue Regeln:

Das Anordnungsmodell auf einen Blick:

  • Psychotherapeut:innen mit entsprechender Zulassung dürfen nun eigenständig praktizieren und Therapien durchführen, auch ausserhalb von ärztlich geführten Praxen (Hulliger, Steiger, & Hämmig, 2018). Eine Ärztin mit Stethoskop konzentriert sich auf ihre Unterlagen und füllt ein Formular aus. Die ärztliche Anordnung ist bei ADHS Schweiz oft Voraussetzung für die Kostenübernahme durch die Grundversicherung. Das Bild zeigt den professionellen Ablauf im medizinischen Alltag und betont die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Therapeuten.
  • Voraussetzung ist eine formale ärztliche Anordnung, z. B. durch:
    • Hausärztinnen oder Hausärzte
    • Fachärztinnen oder Fachärzte für Psychiatrie
    • Kinderärztinnen und Kinderärzte (bei Minderjährigen)
  • Die ärztliche Anordnung ist kein Rezept im klassischen Sinn, sondern ein formloses Dokument, das bestätigt, dass eine Psychotherapie medizinisch indiziert ist (Hulliger, Steiger, & Hämmig, 2018) .
  • Die Abrechnung erfolgt direkt zulasten der OKP, es ist keine Zusatzversicherung mehr notwendig.
  • Gültig ist die Anordnung zunächst für 15 Sitzungen. Danach kann sie bei Bedarf verlängert oder erneuert werden (z. B. nach Rücksprache zwischen Therapeut:in und Arzt/Ärztin).

Vorteile dieser Umstellung:

  • Weniger Bürokratie: Patientinnen und Patienten müssen sich nicht mehr selbst um komplexe Abrechnungsfragen kümmern.
  • Besserer Zugang: Psychotherapeut:innen können unabhängig arbeiten, wodurch mehr Therapieplätze entstehen.
  • Mehr Transparenz: Der Behandlungsweg ist für Betroffene klarer und einfacher nachvollziehbar.
  • Kostensicherheit: Die Leistungen sind durch die Grundversicherung abgedeckt, ohne zusätzliche finanzielle Belastung durch private Zusatzversicherungen.

Relevanz für Menschen mit ADHS:

Gerade für Erwachsene mit ADHS ist die Neuerung besonders bedeutsam. Die Wartezeiten auf eine Therapie im Delegationsmodell waren oft lang und viele Betroffene wussten gar nicht, wie sie an eine kassenfinanzierte Behandlung kommen. Das neue Anordnungsmodell schafft mehr Flexibilität und Verfügbarkeit und hilft dabei, früher therapeutische Unterstützung zu erhalten, was gerade bei ADHS den entscheidenden Unterschied machen kann (Du Rietz et al., 2021).

Welche Bedingungen müssen erfüllt sein?

Damit eine Psychotherapie bei ADHS in der Schweiz über die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) abgerechnet werden kann, müssen mehrere gesetzlich definierte Voraussetzungen erfüllt sein. Diese stellen sicher, dass die Therapie medizinisch notwendig, fachlich fundiert und abrechnungsfähig ist (Du Rietz et al., 2021). Die wichtigsten Bedingungen im Überblick:

  1. Vorliegen einer psychischen Störung mit Krankheitswert

Nicht jede Lebenskrise oder Belastung rechtfertigt eine kassenfinanzierte Psychotherapie. Damit die Kosten übernommen werden, muss eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung vorliegen (Du Rietz et al., 2021). Bei ADHS bedeutet das konkret:

  • Es muss sich um eine medizinisch anerkannte Diagnose handeln, zum Beispiel ADHS im Erwachsenenalter nach ICD-10 oder ICD-11.
  • Die Diagnose darf nicht allein auf subjektivem Leidensdruck beruhen, sondern muss klinisch nachvollziehbar dokumentiert werden (z. B. durch eine strukturierte Abklärung mit validierten Testverfahren).
  • Typische Symptome, die eine Therapie indizieren, sind z. B. erhebliche Beeinträchtigungen im Alltag, im Beruf oder im sozialen Umfeld.
  1. Zugelassene Psychotherapeutin oder zugelassener Psychotherapeut

Die psychotherapeutische Behandlung muss durch eine Person durchgeführt werden, die zur Abrechnung mit der OKP berechtigt ist (Du Rietz et al., 2021). Das heisst:

  • Es handelt sich um eine eidgenössisch anerkannte psychologische Psychotherapeutin oder einen anerkannten psychologischen Psychotherapeuten.
  • Die Therapeutin oder der Therapeut muss über eine kantonale Berufsausübungsbewilligung verfügen.
  • Nur Fachpersonen mit dieser Qualifikation dürfen im Anordnungsmodell direkt zulasten der Grundversicherung tätig sein.
  1. Ärztliche Anordnung vor Therapiebeginn

Seit Juli 2022 ist eine ärztliche Anordnung zwingend erforderlich, damit die Therapie über die Grundversicherung abgerechnet werden kann (Du Rietz et al., 2021). Dabei gilt:

  • Die Anordnung kann von Hausärzt:innen, Psychiater:innen, Pädiater:innen (bei Kindern) oder anderen berechtigten medizinischen Fachpersonen ausgestellt werden.
  • Sie ist formlos möglich, sollte aber klar die Indikation für Psychotherapie enthalten.
  • Die Anordnung gilt zunächst für maximal 15 Sitzungen. Danach sind eine ärztliche Rückmeldung und ggf. eine neue Anordnung notwendig, um weitere Sitzungen abzurechnen.
  1. Wissenschaftlich anerkannte Therapieform

Die angewandte Therapieform muss evidenzbasiert und in der Schweiz als wirksam anerkannt sein (Du Rietz et al., 2021). Zu den anerkannten Verfahren gehören:

  • Kognitive Verhaltenstherapie (KVT), besonders effektiv bei ADHS, da sie auf Struktur, Selbstregulation und Problemlösefähigkeit fokussiert
  • Systemische Therapie, hilfreich, wenn familiäre oder zwischenmenschliche Dynamiken eine Rolle spielen
  • Interpersonelle Therapie, psychodynamische Verfahren, unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls möglich, wenn sie den Leitlinien entsprechen

Nicht anerkannt für die OKP-Abrechnung sind alternative Verfahren ohne ausreichende wissenschaftliche Grundlage, etwa Hypnose, Familienaufstellungen oder rein coachingbasierte Ansätze (Du Rietz et al., 2021).

So funktioniert die OKP-Abrechnung Schritt für Schritt

Die Abrechnung über die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) kann auf den ersten Blick komplex wirken. Besonders wenn man sich erstmals mit dem Thema Psychotherapie und Krankenkasse beschäftigt, entstehen viele Fragen (Du Rietz et al., 2021). Deshalb hier eine verständliche Übersicht des Ablaufs, Schritt für Schritt erklärt:

Ein junger Arzt mit Stethoskop und Klemmbrett steht vor einem roten Hintergrund und lächelt freundlich in die Kamera. Für viele Betroffene von ADHS Schweiz ist der erste Schritt zur Therapie ein Gespräch mit einem Arzt der Grundversorgung. Das Bild vermittelt Kompetenz, Offenheit und Zugänglichkeit in der medizinischen Betreuung. Schritt 1: Ärztliche Abklärung und Anordnung

Bevor eine psychologische Psychotherapie zulasten der Grundversicherung starten kann, ist eine ärztliche Anordnung erforderlich. Diese dient als fachliche Bestätigung, dass eine Therapie medizinisch notwendig ist (Du Rietz et al., 2021).

Geeignete Fachpersonen für die Anordnung sind:

  • Hausärztinnen und Hausärzte
  • Fachärztinnen und Fachärzte für Allgemeine Innere Medizin
  • Fachärztinnen und Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie
  • Kinder- und Jugendpsychiater:innen (bei Kindern und Jugendlichen)

Die Anordnung ist vergleichbar mit einem ärztlichen Rezept. Sie umfasst in der Regel:

  • eine Beschreibung der Indikation (z. B. ADHS, depressive Verstimmung, Angststörung)
  • die empfohlene Anzahl Sitzungen (initial bis zu 15)
  • den Namen der Therapeutin oder des Therapeuten (optional)

Wichtig zu wissen:

  • Die Erstverordnung gilt für maximal 15 Sitzungen.
  • Für weitere Sitzungen ist ein ärztlicher Verlängerungsbericht notwendig.
  • Auch spätere Verlängerungen sind möglich, bei Bedarf auf bis zu 30 oder mehr Sitzungen, je nach Verlauf und Begründung.

Schritt 2: Passende Therapeutin oder passenden Therapeuten finden

Sobald eine ärztliche Anordnung vorliegt, kann die Suche nach einer qualifizierten Fachperson für die Therapie beginnen (Du Rietz et al., 2021). Dabei gilt:

Nur folgende Fachpersonen dürfen über die OKP abrechnen:

  • Psycholog:innen mit Fachtitel in psychologischer Psychotherapie
  • mit Eintrag im kantonalen Register der Gesundheitsberufe
  • und einer gültigen Berufsausübungsbewilligung für den entsprechenden Kanton

Achte bei der Wahl der Therapeutin/des Therapeuten auf:

  • die offizielle Zulassung (nicht jede Praxis ist automatisch OKP-berechtigt)
  • Erfahrung mit ADHS oder der jeweiligen Diagnose
  • Sympathie und Vertrauen, denn die therapeutische Beziehung ist zentral für den Erfolg

Tipp: Einige Plattformen, wie z. B. Psychotherapie.ch, FSP, oder kantonale Gesundheitsverzeichnisse, bieten gezielte Filterfunktionen für OKP-zugelassene Therapeut:innen (Daley et al., 2018).

Schritt 3: Beginn der psychologischen Psychotherapie

Nach der Anordnung und Auswahl der passenden Fachperson kann die Therapie starten. In der ersten Sitzung (bzw. in den ersten Sitzungen) erfolgt oft eine genauere Abklärung der Beschwerden. Anschliessend wird gemeinsam ein individueller Therapieplan erstellt (Daley et al., 2018).

Der Therapieverlauf umfasst in der Regel:

  • ein strukturiertes Erstgespräch (Anamnese, Zielklärung)
  • regelmässige Sitzungen, meist 50 Minuten pro Woche oder zweiwöchentlich
  • Verlaufskontrollen und Zwischenbilanzen
  • ggf. Verlängerung der Anordnung durch die Ärztin/den Arzt

Schritt 4: Abrechnung direkt mit der Krankenkasse

Die Abrechnung erfolgt durch die Therapeutin oder den Therapeuten direkt mit deiner Grundversicherung, du musst dich nicht selbst darum kümmern (Daley et al., 2018).

Das bedeutet konkret:

  • Du erhältst in der Regel keine Rechnung zur direkten Bezahlung.
  • Die Kosten werden direkt der OKP übermittelt (sog. Tiers-Payant-System).
  • Franchise und Selbstbehalt gelten auch für Psychotherapien:
    • Zuerst wird die Jahresfranchise belastet (z. B. 300 oder 2500 CHF je nach Modell)
    • Danach übernimmt die Kasse 90 % der Therapiekosten
    • Du bezahlst 10 % Selbstbehalt bis zu einem gesetzlichen Maximum

Beispielrechnung:

Leistung Betrag
Therapiesitzung CHF 154.–
OKP übernimmt (90 %) CHF 138.60
Dein Anteil (10 %) CHF 15.40

In manchen Fällen erhältst du eine Informationskopie der Abrechnung, musst aber nichts aktiv unternehmen.

Zusätzlicher Hinweis:
Wenn du bereits privat oder über eine Zusatzversicherung in Behandlung warst, lohnt sich ein Wechsel ins OKP-Modell, besonders wenn eine ärztliche Anordnung vorliegt und die Therapeutin OKP-zugelassen ist. Die Umstellung kann unkompliziert erfolgen, muss aber vorab mit der Kasse geklärt werden (Daley et al., 2018).

Wie läuft die Anordnung genau ab?

Damit psychologische Psychotherapie in der Schweiz über die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) abgerechnet werden kann, ist eine sogenannte ärztliche Anordnung notwendig. Diese stellt sicher, dass eine medizinische Indikation vorliegt, sie ersetzt jedoch keine umfassende psychiatrische Diagnose oder ausführliche Abklärung (Daley et al., 2018).

Was genau ist die ärztliche Anordnung?

Die ärztliche Anordnung ist eine formelle Bestätigung durch eine berechtigte Ärztin oder einen Arzt, dass eine psychotherapeutische Behandlung angezeigt ist. Sie ist einfach gehalten und soll den Zugang zur Therapie erleichtern, nicht verkomplizieren (Daley et al., 2018).

Wichtige Merkmale der Anordnung:

  • Keine Diagnosepflicht: Es genügt die Feststellung, dass psychotherapeutischer Bedarf besteht. Eine detaillierte Diagnose ist nicht erforderlich.
  • Zugang ermöglichen: Ziel der Anordnung ist es, Patientinnen und Patienten einen unkomplizierten Zugang zur Therapie zu ermöglichen, insbesondere bei häufigen Störungsbildern wie ADHS, Angststörungen oder Depressionen.
  • Nicht verwechseln: Die Anordnung ist keine Überweisung im klassischen Sinne. Sie verpflichtet Ärztinnen und Ärzte nicht zur langfristigen Mitbehandlung, sondern dient nur als Startpunkt für die Therapie.

Wer darf die Anordnung ausstellen?

Die Anordnung darf von bestimmten medizinischen Fachpersonen vorgenommen werden, darunter:

  • Allgemeinpraktiker:innen bzw. Hausärztinnen und Hausärzte
  • Fachärztinnen und Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie
  • Fachpersonen für Kinder- und Jugendpsychiatrie (bei minderjährigen Patient:innen)
  • In vielen Fällen auch Gynäkolog:innen oder Pädiater:innen, sofern sie die Indikation nachvollziehbar einschätzen können

Wichtig: Die anordnende Person muss in der Schweiz zur Leistung zulasten der OKP berechtigt sein (Daley et al., 2018).

Welche Angaben enthält die Anordnung?

Je nach Kanton variiert das genaue Formular leicht. In den meisten Fällen enthält die ärztliche Anordnung:

  • Name, Geburtsdatum und Versicherungsnummer der Patientin oder des Patienten
  • Name und ZSR-Nummer der anordnenden Ärztin oder des Arztes
  • Bezeichnung der Verdachtsdiagnose oder Indikation (z. B. ADHS, Depression)
  • Geplante Anzahl Sitzungen (initial max. 15)
  • Gegebenenfalls Name der gewählten Therapeutin oder des Therapeuten

Tipp: Viele Kantone und Ärzteorganisationen stellen standardisierte Formulare zur Verfügung. In der Praxis wird das Formular häufig direkt in der Arztpraxis ausgefüllt und den Patient:innen mitgegeben oder elektronisch übermittelt (Daley et al., 2018).

Wie lange gilt die Anordnung?

Die Gültigkeit ist klar geregelt:

  • Erstanordnung: Bis zu 15 Sitzungen sind möglich, ohne dass eine zusätzliche Prüfung nötig ist.
  • Verlängerung: Eine Ausweitung auf weitere 15 Sitzungen erfolgt durch eine kurze ärztliche Begründung.
  • Langzeittherapie: Bei komplexeren Fällen (z. B. chronischer Verlauf, komorbide Störungen) sind insgesamt auch über 40 Sitzungen hinaus möglich – ebenfalls mit fachlicher Begründung und Einbezug einer ärztlichen Verlaufsbeurteilung.

Diese Struktur erlaubt es, zwischen kurzfristiger Entlastung und langfristiger Therapie flexibel zu unterscheiden, ohne den bürokratischen Aufwand unnötig zu erhöhen (Daley et al., 2018).

Welche Leistungen sind über die OKP gedeckt?

Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) übernimmt in der Schweiz eine Reihe von Leistungen im Zusammenhang mit psychologischer Psychotherapie, auch bei ADHS imEine LEGO-Figur in Arztkleidung sitzt auf einem Stuhl und hält ein schwarzes Objekt in der Hand, möglicherweise ein Monitor oder Buch. Humorvoll dargestellt, erinnert das Bild an medizinische Beratung – ein zentrales Element bei ADHS Schweiz. Auch spielerische Darstellungen können komplexe Themen wie Diagnostik oder Anordnung verständlich machen. Erwachsenenalter. Voraussetzung ist eine gültige ärztliche Anordnung. Die Kostenübernahme ist dabei gesetzlich geregelt und betrifft ausschliesslich therapeutische Massnahmen mit medizinischem Zweck (Daley et al., 2018).

Diese Leistungen sind über die OKP erstattungsfähig:

Folgende Leistungen können bei Vorliegen einer Anordnung vollständig oder anteilig über die Grundversicherung abgerechnet werden:

  • Psychologische Psychotherapie
    Dazu zählen therapeutische Gespräche, kognitive Verhaltenstherapie, schematherapeutische Ansätze und weitere wissenschaftlich anerkannte Verfahren. Die Behandlung erfolgt durch zugelassene psychologische Psychotherapeutinnen oder Psychotherapeuten, die nach Artikel 6 KVV über eine Berufsausübungsbewilligung und OKP-Zulassung verfügen.
  • Diagnostische Erstgespräche
    Diese umfassen die psychotherapeutische Anamnese, das Erfassen der aktuellen Beschwerden sowie die Beurteilung der Therapiebedürftigkeit. Auch die Klärung von Therapiezielen kann in diesen Erstkontakten enthalten sein.
  • Therapiebegleitende Abklärungen
    Im Verlauf der Therapie kann es notwendig sein, regelmässige Beurteilungen des Verlaufs durchzuführen, zum Beispiel zur Anpassung der Therapieziele oder zur Einschätzung, ob eine Verlängerung über die initialen 15 Sitzungen hinaus angezeigt ist.
  • Koordinationsaufwand mit anderen Fachpersonen
    Dazu zählt etwa die Rücksprache mit der zuweisenden Hausärztin, ein Austausch mit einer Psychiaterin oder, falls notwendig, die Abstimmung mit weiteren involvierten Stellen, z. B. bei komplexen Krankheitsverläufen oder komorbiden Störungen.
  • Einbezug von Angehörigen (in begründeten Fällen)
    Wenn es zur Therapie gehört, Angehörige (z. B. Partner, Eltern) mit einzubeziehen, kann auch dies unter bestimmten Voraussetzungen als Leistung der OKP gelten, etwa zur Förderung der Therapieadhärenz oder zur Stabilisierung des sozialen Umfelds.

Nicht gedeckt sind:

Die OKP übernimmt ausschliesslich medizinisch indizierte und gesetzlich definierte Leistungen. Nicht zur Erstattung gehören daher:

  • Coaching ohne therapeutischen Bezug
    Reines ADHS-Coaching, etwa zur allgemeinen Lebensorganisation oder für berufliche Ziele ohne medizinische Indikation, fällt nicht unter die Leistungen der OKP. Auch Angebote, die rein auf Effizienz, Karriere oder Leistungssteigerung abzielen, sind nicht gedeckt.
  • Gutachten und Stellungnahmen für Dritte
    Schreiben oder Beurteilungen für Arbeitgeber, Versicherungen, IV-Stellen oder Gerichte gelten als Verwaltungsleistungen. Diese müssen in der Regel privat bezahlt werden, ausser es wird im Einzelfall durch den Leistungsträger ausdrücklich übernommen.
  • Therapeutische Leistungen ohne gültige Anordnung
    Liegt keine ärztliche Anordnung vor, darf nicht zulasten der Grundversicherung abgerechnet werden, auch dann nicht, wenn eine psychische Belastung vorliegt. In diesem Fall handelt es sich um eine privat zu finanzierende Therapie.

Tipp für Patientinnen und Patienten:
Vor Therapiebeginn lohnt sich die Rücksprache mit dem behandelnden Hausarzt oder einer Fachperson, um sicherzustellen, dass alle formalen Voraussetzungen für eine OKP-Abrechnung erfüllt sind. So lässt sich vermeiden, dass unbeabsichtigt Kosten selbst getragen werden müssen (Daley et al., 2018).

Möchtest du direkt mit Abschnitt 7 „Wie viele Sitzungen werden bezahlt?“ weitermachen?

Was gilt bei ADHS-Diagnostik?

Die Frage, ob die Diagnostik von ADHS über die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) abgerechnet werden kann, hängt von mehreren Faktoren ab. Die Abklärung ist ein wichtiger erster Schritt, sowohl zur gesicherten Diagnose als auch zur Einleitung einer passenden Therapie. Dennoch wird nicht jede Form der Diagnostik automatisch von der Krankenkasse übernommen (Daley et al., 2018).

Grundsatz: OKP-Leistung nur unter bestimmten Bedingungen

Die ADHS-Diagnostik kann entweder:

  • über die OKP abgerechnet werden, wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind,
  • oder privat bezahlt werden, wenn keine Anordnung vorliegt oder die durchführende Fachperson nicht OKP-zugelassen ist.

Entscheidend sind drei Faktoren:

  1. Wer führt die Diagnostik durch?
  • Psychiater:innen oder Fachärzt:innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie dürfen in der Regel direkt über die OKP abrechnen, sofern sie eine gültige Zulassung haben (Wieber et al., 2018).
  • Psycholog:innen ohne ärztliche Ausbildung benötigen eine ärztliche Anordnung, um ihre Leistungen im Rahmen der OKP abzurechnen (Wieber et al., 2018).
  • Coaches, Berater:innen oder nicht anerkannte Stellen können keine OKP-Leistungen abrechnen – ihre Abklärungen müssen immer privat bezahlt werden (Wieber et al., 2018).
  1. Liegt eine ärztliche Anordnung vor?
  • Die OKP übernimmt die Kosten nur dann, wenn eine Anordnung durch eine Hausärztin, einen Kinderarzt oder eine andere berechtigte medizinische Fachperson vorliegt.
  • Diese Anordnung muss vor Beginn der Diagnostik ausgestellt werden. Eine nachträgliche Ausstellung ist nicht zulässig.
  1. Ist die Diagnostik Teil einer laufenden Psychotherapie?
  • Wenn die ADHS-Abklärung im Rahmen einer psychologischen Psychotherapie erfolgt, die bereits über die OKP läuft, kann sie meist integriert und somit abgerechnet werden.
  • Voraussetzung ist, dass sie dem Therapieziel dient und entsprechend dokumentiert wird (z. B. als Teil der anamnestischen Phase oder zur Verlaufskontrolle).

Zusatzfaktoren, die bei der Abrechnung eine Rolle spielen können:

  • Regionale Unterschiede: Je nach Kanton gelten leicht unterschiedliche Handhabungen und Tarife, vor allem bei provisorisch geregelten Leistungen (Wieber et al., 2018).
  • Zulassung der Einrichtung: Auch Organisationen, die mehrere Fachpersonen beschäftigen, müssen eine formale Zulassung als Leistungserbringer haben, um über die OKP abrechnen zu dürfen (Wieber et al., 2018).
  • Art der eingesetzten Testverfahren: Nicht alle psychologischen Testverfahren sind automatisch OKP-erstattungsfähig, sie müssen medizinisch begründet und zur Diagnostik einer anerkannten Störung geeignet sein (Wieber et al., 2018).

Kombinierte Angebote: Diagnostik und Therapie unter einem Dach

Einige Anbieter in der Schweiz bieten integrierte Versorgung an (Wieber et al., 2018). Das bedeutet:

  • Die ADHS-Diagnostik wird direkt im Zusammenhang mit einer Therapie durchgeführt.
  • Es erfolgt vorab eine interne ärztliche Anordnung, sodass die gesamte Behandlung, inklusive der Abklärung,OKP-konform abgerechnet werden kann.
  • Dieses Vorgehen vereinfacht den Ablauf für Patientinnen und Patienten und senkt das finanzielle Risiko.

Tipp für Betroffene:
Fragen Sie vor Beginn der ADHS-Diagnostik konkret nach:

  • Wird eine ärztliche Anordnung organisiert oder muss ich diese selbst einholen?
  • Welche Leistungen sind in der Abklärung enthalten – und wie wird abgerechnet?
  • Ist der Anbieter OKP-zugelassen?

Ein transparenter Ablauf spart nicht nur Zeit, sondern schützt auch vor unerwarteten Kosten (Wieber et al., 2018).

Rezensentenblock

Porträt von Dr. Almedina Berisha, Ärztin im Team von klaro-adhs.ch. Sie unterstützt Patientinnen und Patienten bei der Diagnostik und Therapie von ADHS in der Schweiz. Das Bild zeigt sie im weissen Arztkittel mit Stethoskop vor einem klaro-Hintergrund.

Almedina Berisha

Ärztin Innere Medizin
Almedina Berisha ist Ärztin für Innere Medizin in der Schweiz mit besonderem Interesse an psychosomatischen Zusammenhängen und neurobiologischen Faktoren von ADHS. Sie prüft medizinische Inhalte auf klaro-adhs.ch auf wissenschaftliche Genauigkeit, klinische Relevanz und patientenverständliche Darstellung. Ihr Fokus liegt auf einer praxisnahen Vermittlung komplexer Themen der Erwachsenenmedizin und psychischen Gesundheit.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

  • Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) übernimmt in der Schweiz die Kosten für psychotherapeutische Behandlungen bei ADHS, sofern eine ärztliche Anordnung vorliegt. Dazu zählen Gesprächstherapie, kognitive Verhaltenstherapie und anerkannte psychologische Verfahren. Medikamente wie Methylphenidat (Ritalin®) sind ebenfalls kassenpflichtig, wenn sie ärztlich verschrieben werden. Ohne ärztliche Anordnung müssen die Kosten privat getragen werden oder über eine Zusatzversicherung laufen.

Quellenverzeichnis

  1. Beeler, I., Lüscher, T., & Sulser, F. (2003). Provision and remuneration of psychotherapeutic services in Switzerland. International Journal of Public Health, 48(1), 25–32. https://link.springer.com/article/10.1007/s00038-003-1107-x
  2. Hulliger, B., Steiger, P., & Hämmig, O. (2018). A survey-based design of a pricing system for psychotherapy. Health Economics Review, 8, 12. https://healtheconomicsreview.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13561-018-0213-7
  3. Healthcare utilization and costs of psychiatric and somatic comorbidities in adults with ADHD. (2021). Acta Psychiatrica Scandinavica. (Du Rietz et al.) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33749845/
  4. The economic burden of adult attention deficit hyperactivity disorder: a sibling comparison cost analysis. (2018). European Psychiatry. (Daley et al.) https://www.cambridge.org/core/journals/european-psychiatry/article/economic-burden-of-adult-attention-deficit-hyperactivity-disorder-a-sibling-comparison-cost-analysis/9634FF06625B4A2699CBE8193E7E20D0
  5. Diagnostics and treatment of ADHD in Switzerland: current practice and challenges (Paediatrics perspective). (2018). European Journal of Public Health. https://academic.oup.com/eurpub/article/28/suppl_4/cky214.212/5186555

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