ADHS-Medikamente: Wirkung, Risiken & Mythen

Veröffentlicht am: 01. Oktober 2025
Zuletzt ärztlich geprüft am: 07. Oktober 2025

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Porträt von Dr. med. Jens Westphal, Praktischer Arzt FMH und medizinischer Reviewer bei klaro-adhs.ch. Er begleitet Patientinnen und Patienten in der Schweiz bei der Abklärung und Behandlung von ADHS. Das Bild zeigt ihn vor einem klaro-Hintergrund als Teil des ärztlichen Teams für ADHS Schweiz.

Dr. med. Jens Westphal

ADHS-Spezialist und Praktischer Arzt (FMH)
Dr. med. Jens Westphal ist Praktischer Arzt (FMH) mit langjähriger Erfahrung in der hausärztlichen Versorgung und Psychiatrie. Er ist medizinischer Reviewer bei klaro-adhs.ch und prüft alle Inhalte rund um ADHS, Diagnostik und Therapie auf wissenschaftliche Genauigkeit und praktische Umsetzbarkeit in der Schweizer Grundversorgung.

Inhaltsverzeichnis

Medikamente spielen für viele Menschen mit ADHS eine zentrale Rolle in der Behandlung. Besonders bei Erwachsenen mit ausgeprägten Symptomen können ADHS-Medikamente dazu beitragen, Konzentration, Impulssteuerung und emotionale Stabilität deutlich zu verbessern. In diesem Artikel erhältst du einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Wirkstoffe, deren Wirkung, Risiken und Nebenwirkungen sowie häufige Missverständnisse, mit einem besonderen Fokus auf die Situation in der Schweiz (Cortese et al., 2024).

Welche ADHS-Medikamente gibt es?Drei runde, weiße Tabletten liegen nebeneinander auf einem intensiven roten Hintergrund. Die Bruchkerbe in der Mitte der Tabletten steht symbolisch für individuell anpassbare Dosierungen. Das Bild vermittelt eine klare, reduzierte Darstellung medikamentöser ADHS-Therapie. 

ADHS-Medikamente lassen sich in zwei Hauptkategorien einteilen:

  1. Stimulanzien

Stimulanzien sind die am häufigsten eingesetzten Medikamente bei ADHS. Sie beeinflussen die Verfügbarkeit von Dopamin und Noradrenalin im Gehirn, was die Fähigkeit zur Fokussierung und zur Selbstkontrolle verbessert (Cortese et al., 2024).

Beispiele für Wirkstoffe:

  • Methylphenidat (z. B. Ritalin, Concerta, Medikinet)
  • Amphetamine (z. B. Elvanse, Adderall)

Diese Medikamente sind in der Schweiz unter ärztlicher Aufsicht erhältlich und werden streng reguliert (Cortese et al., 2024).

  1. Nicht-stimulierende Medikamente

Diese Medikamente wirken über andere Botenstoffe wie Noradrenalin und haben oft ein anderes Nebenwirkungsprofil. Sie kommen insbesondere dann zum Einsatz, wenn Stimulanzien nicht vertragen werden oder nicht ausreichend wirken (van Ewijk & Sonuga-Barke, 2024).

Typische Wirkstoffe:

  • Atomoxetin
  • Guanfacin
  • Clonidin

Diese Wirkstoffe sind ebenfalls in der Schweiz verfügbar und bieten eine wichtige Behandlungsalternative (van Ewijk & Sonuga-Barke, 2024).

Wie wirken ADHS-Medikamente?

ADHS-Medikamente setzen an den typischen Symptomen der Störung an:

  • Unaufmerksamkeit: Die Aufmerksamkeitsspanne und Konzentrationsfähigkeit steigen.
  • Hyperaktivität: Die innere Unruhe lässt nach.
  • Impulsivität: Spontanes Verhalten wird besser kontrolliert.

Bei vielen Patient:innen treten bereits nach wenigen Tagen erste Verbesserungen auf, allerdings ist die Wirkung individuell sehr unterschiedlich. Manchmal braucht es mehrere Versuche, bis das passende Präparat und die optimale Dosis gefunden sind (Moghal et al., 2024).

Nebenwirkungen: Was du wissen solltest

Wie bei allen Medikamenten können auch bei ADHS-Medikamenten Nebenwirkungen auftreten (Moghal et al., 2024). Zu den häufigsten zählen:

  • Einschlafprobleme oder unruhiger Schlaf
  • Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
  • Nervosität, Zittern oder Reizbarkeit
  • Erhöhter Puls oder Blutdruck

Bei nicht-stimulierenden Medikamenten wie Atomoxetin können auch auftreten:

  • Müdigkeit oder Erschöpfung
  • Übelkeit
  • Libidoveränderungen
  • Kopfschmerzen

Ein offenes Gespräch mit der behandelnden Fachperson ist entscheidend, um die Dosis oder das Präparat bei Bedarf anzupassen (Moghal et al., 2024).

Ein bunter Mix aus Blisterpackungen mit verschiedenen Tablettenformen und -farben liegt gestapelt aufeinander. Die Vielfalt zeigt die Bandbreite an Medikamenten, die bei ADHS zum Einsatz kommen können. In der Schweiz erfolgt die Auswahl immer individuell abgestimmt auf das jeweilige Beschwerdebild.

ADHS-Medikamente in der Schweiz: Besonderheiten

In der Schweiz unterliegt die Verschreibung von ADHS-Medikamenten klaren Regeln. Voraussetzung ist:

  • Eine gesicherte ADHS-Diagnose durch einen Facharzt oder eine Fachärztin
  • Ein ärztliches Rezept (meist durch einen Psychiater oder die Hausärztin)

Beliebte Suchbegriffe in diesem Zusammenhang sind:

  • ADHS Medikamente Schweiz
  • ADHS Medikamente Erwachsene Schweiz
  • ADHS Medikamente Liste Schweiz

Apotheken dürfen Stimulanzien nur gegen Rezept und unter Einhaltung strenger Auflagen abgeben. Eine engmaschige Verlaufskontrolle ist gesetzlich vorgeschrieben (Schuler et al., 2024).

Häufige Mythen über ADHS-Medikamente

Mythos 1: «ADHS-Medikamente machen abhängig»

Fakt: Richtig angewendet ist das Risiko für eine Abhängigkeit sehr gering. Im Gegenteil: Studien zeigen, dass das Risiko für Substanzmissbrauch bei behandeltem ADHS sogar sinkt.

Mythos 2: «Nur Kinder nehmen ADHS-Medikamente»

Fakt: ADHS bleibt oft bis ins Erwachsenenalter bestehen. Viele Erwachsene profitieren erheblich von einer medikamentösen Behandlung.

Mythos 3: «ADHS-Medikamente verändern die Persönlichkeit»

Fakt: Medikamente helfen, Symptome zu lindern und die Selbstkontrolle zu verbessern – sie verändern nicht den Charakter.

Pflanzliche Alternativen: Was ist dran?

Einige Betroffene interessieren sich für eine natürliche Alternative zu Ritalin oder Elvanse (Schuler et al., 2024). Häufig genannte Stoffe sind:

  • Omega-3-Fettsäuren: Können Konzentration und Stimmung positiv beeinflussen
  • Ginseng: Wird traditionell zur Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit verwendet
  • Brahmi: Ein ayurvedisches Heilkraut mit möglichen kognitiven Effekten
  • Rhodiola Rosea: Bekannt aus der Stressmedizin

Achtung: Die Studienlage ist oft uneindeutig. Diese Mittel können unterstützend wirken, ersetzen aber keine medizinisch fundierte Therapie (Schuler et al., 2024).

Was tun, wenn du deine ADHS-Medikamente vergessen hast?

Vergisst du eine Einnahme:

  • Nicht doppelt einnehmen! Warte einfach bis zur nächsten planmässigen Dosis.
  • Verwende Erinnerungs-Apps, feste Routinen oder Medikamentendosierer als Hilfsmittel.

Medikamente bei Erwachsenen mit ADHS

In der Schweiz erhalten immer mehr Erwachsene eine ADHS-Diagnose, oft erst nach Jahren der Unsicherheit. Für diese Zielgruppe sind Medikamente wie Methylphenidat (z. B. Ritalin) oder Elvanse besonders relevant. Sie können helfen:

  • den Alltag strukturierter zu gestalten
  • die berufliche Leistungsfähigkeit zu verbessern
  • emotionale Schwankungen zu verringern

Nicht-stimulierende Medikamente wie Atomoxetin sind eine wichtige Alternative, insbesondere bei zusätzlichen psychischen Belastungen oder wenn Stimulanzien nicht vertragen werden.

ADHS-Medikamente im multimodalen Behandlungskonzept

Medikamente wirken am besten in Kombination mit weiteren Therapien. Dazu zählen:

Ein ganzheitlicher Ansatz erhöht die langfristige Wirksamkeit und kann helfen, Rückfällen vorzubeugen.

Fazit: Medikamentöse ADHS-Therapie mit Augenmass

ADHS-Medikamente sind ein wirksamer Baustein in der Therapie, besonders für Erwachsene mit ausgeprägter Symptomatik. Wichtig ist jedoch:

  • Eine fundierte ärztliche Abklärung
  • Eine individuell abgestimmte Medikation
  • Regelmässige Verlaufskontrollen

Wer gut informiert ist und in enger Abstimmung mit seiner behandelnden Fachperson handelt, kann mit ADHS-Medikamenten spürbar mehr Lebensqualität gewinnen.

Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Fragen zur ADHS-Medikation solltest du dich an deine Ärztin oder deinen Arzt wenden.

Rezensentenblock

Porträt von Dr. Almedina Berisha, Ärztin im Team von klaro-adhs.ch. Sie unterstützt Patientinnen und Patienten bei der Diagnostik und Therapie von ADHS in der Schweiz. Das Bild zeigt sie im weissen Arztkittel mit Stethoskop vor einem klaro-Hintergrund.

Almedina Berisha

Ärztin Innere Medizin
Almedina Berisha ist Ärztin für Innere Medizin in der Schweiz mit besonderem Interesse an psychosomatischen Zusammenhängen und neurobiologischen Faktoren von ADHS. Sie prüft medizinische Inhalte auf klaro-adhs.ch auf wissenschaftliche Genauigkeit, klinische Relevanz und patientenverständliche Darstellung. Ihr Fokus liegt auf einer praxisnahen Vermittlung komplexer Themen der Erwachsenenmedizin und psychischen Gesundheit.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

  • In der Schweiz sind mehrere ADHS-Medikamente zugelassen, die sich in Stimulanzien und Nicht-Stimulanzien unterteilen: Stimulanzien: Methylphenidat (z. B. Ritalin®, Concerta®, Medikinet®) und Lisdexamfetamin (Elvanse®). Nicht-Stimulanzien: Atomoxetin (Strattera®), Guanfacin (Intuniv®) und Clonidin. Alle Präparate sind rezeptpflichtig und dürfen nur nach ärztlicher Diagnose abgegeben werden. Die Behandlung wird in der Regel von Psychiater:innen oder spezialisierten Hausärzt:innen begleitet.

Quellenverzeichnis

  1. Cortese, S., Adamo, N., Del Giovane, C., Mohr-Jensen, C., Hayes, A. J., Carucci, S., Atkinson, L. Z., Tessari, L., & Cipriani, A. (2024). Comparative efficacy and acceptability of pharmacological, psychological, and neurostimulatory interventions for ADHD in adults: a systematic review and component network meta-analysis. The Lancet Psychiatry, 12(1), 32–43. https://doi.org/10.1016/S2215-0366(24)00360-2
  2. van Ewijk, H., & Sonuga-Barke, E. J. S. (2024). The effects of chronic administration of stimulant and non-stimulant medications on executive functions in ADHD: A systematic review and meta-analysis. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 160, 105375. https://doi.org/10.1016/j.neubiorev.2024.105375
  3. Moghal, M., Nazir, M., & Shah, S. (2024). Effectiveness of atomoxetine and stimulant combination in attention-deficit/hyperactivity disorder (ADHD) treatment: A systematic review. Cureus, 16(8), e63337. https://doi.org/10.7759/cureus.63337
  4. Schuler, D., Luginbühl, M., & Frei, A. (2024). Trends in prescription of stimulants and narcoleptic drugs in Switzerland: Longitudinal health insurance claims analysis for the years 2014–2021. Swiss Medical Weekly, 154, w40257. https://doi.org/10.4414/smw.2024.w40257

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