Studieren mit ADHS ist möglich, aber selten einfach. Prüfungsstress, Zeitdruck, chaotische To-do-Listen: Für viele Studierende mit einer ADHS-Diagnose ist das Studium eine besondere Herausforderung. Die Anforderungen an Selbstorganisation, Konzentration und langfristige Planung können schnell zur Überforderung führen. Was anderen Studierenden leichtfällt – etwa stundenlange Vorlesungen oder eigenständiges Lernen über Wochen, kann bei ADHS massive innere Widerstände auslösen (DuPaul, Weyandt & O’Dell, 2021).
Hinzu kommt: Viele Studierende mit ADHS erleben nicht nur organisatorische Hürden, sondern kämpfen auch mit Selbstzweifeln, Versagensängsten und dem Gefühl, den Anforderungen nicht zu genügen. Besonders in der Anfangszeit – etwa beim Studienstart in einer neuen Stadt wie Zürich, Basel oder St. Gallen, ist die Belastung oft besonders hoch. Der Weg zur Diagnose, die Suche nach einem passenden Therapieplatz oder der Austausch mit Gleichgesinnten gestaltet sich vielerorts mühsam (DuPaul, Weyandt & O’Dell, 2021).
Doch es gibt gute Nachrichten: Mit den richtigen Strategien, Tools und einer Portion Selbstmitgefühl lässt sich der Studienalltag deutlich strukturierter und stressfreier gestalten. Dieser Artikel zeigt dir, wie du trotz ADHS dein Studium erfolgreich meisterst, mit alltagstauglichen Tipps zur besseren Organisation, Konzentration und Selbstregulation (DuPaul, Weyandt & O’Dell, 2021).
ADHS und Hochschule: warum das so schwer ist
Ein Studium bringt viele Freiheiten, aber genau diese Freiräume können bei ADHS schnell zur Überforderung führen. Statt klarer Strukturen gibt es offene Lernphasen, wechselnde Deadlines und hohe Eigenverantwortung. Was für viele motivierend ist, kann bei ADHS zu Chaos im Kopf und Kalender führen (DuPaul, Weyandt & O’Dell, 2021).
Typische Probleme sind:
- Konzentrationsschwierigkeiten in Vorlesungen
- ständiges Aufschieben wichtiger Aufgaben (Prokrastination)
- Schwierigkeiten bei der Planung von Lernphasen
- Überforderung durch unklare Aufgabenstellungen
- Selbstzweifel und Motivationsprobleme
Auch der Wechsel in eine neue Stadt wie Zürich, Basel oder St. Gallen, verbunden mit der Suche nach einer ADHS-Diagnose oder Therapie, kann zusätzlichen Druck erzeugen. In der Ostschweiz oder an der Uni Zürich ist das Thema ADHS bei Studierenden zwar zunehmend präsent, doch viele Betroffene fühlen sich weiterhin allein (Advokat, Lane & Luo, 2011).
Struktur statt Stress: Alltag mit System
Das A und O ist eine stabile Tagesstruktur. Gerade beim Studium für ADHS-betroffene Personen gilt: Je klarer dein Alltag, desto besser. Das bedeutet nicht, jeden Tag strikt durchzuplanen, sondern Abläufe zu schaffen, die dir Halt und Orientierung geben, auch wenn mal etwas dazwischenkommt. Eine flexible, aber wiedererkennbare Tagesstruktur hilft dabei, Energie zu sparen und Entscheidungen im Alltag zu vereinfachen (Parker et al., 2020).
- Feste Lernzeiten im Kalender eintragen, am besten zu den Tageszeiten, an denen du dich am wachsten fühlst
- Vorlesungen vor- und nachbereiten, so bleibt mehr hängen und du vermeidest Last-Minute-Stress vor Prüfungen
- Tägliche To-do-Liste mit maximal 3 Hauptaufgaben, diese sollten realistisch und konkret sein, z. B. „Kapitel 3 lesen“ statt „lernen“
- Wiederkehrende Routinen für E-Mails, Lernpausen, Freizeit, je klarer der Rhythmus, desto geringer die Reizüberflutung
Besonders bewährt haben sich visuelle Hilfsmittel: Wandkalender, Whiteboards, Klebezettel oder digitale Tools mit Erinnerungsfunktion (z. B. Apps wie „Structured“ oder „Notion“). Auch der Austausch mit einem Lern-Buddy, vielleicht jemand, der ebenfalls ADHS hat – kann helfen, dranzubleiben, gemeinsam Erfolge zu feiern und Motivationstiefs zu überstehen (Parker et al., 2020).
Übrigens: Auch Mikro-Gewohnheiten wie „immer zur gleichen Uhrzeit anfangen“ oder „erst Schreibtisch aufräumen, dann loslegen“ schaffen Anker im Alltag. Diese kleinen Rituale wirken oft stabilisierender, als man denkt (Parker et al., 2020).
Fokus finden: So lernst du konzentrierter
Lernen mit ADHS bedeutet oft: Der Kopf ist voll, aber nichts bleibt hängen. Die Lösung ist nicht mehr Anstrengung, sondern smartere Strategien, die dein Gehirn entlasten und die Aufmerksamkeit bündeln. Der Schlüssel liegt darin, Ablenkungen zu minimieren und gezielt Fokuszeiten zu schaffen, die kurz, klar und motivierend sind (DuPaul et al., 2022).
Diese Techniken helfen dabei:
- Pomodoro-Technik: 25 Minuten konzentriert lernen, 5 Minuten Pause, ideal für schnelle Erfolgserlebnisse und gegen mentale Ermüdung
- Noise-Cancelling-Kopfhörer oder White-Noise-Apps: Sie filtern störende Geräusche und helfen beim Eintauchen in die Aufgabe
- Bewegungspausen: 10 Minuten frische Luft, Treppensteigen oder Stretching zwischendurch bringen das Gehirn in Schwung
- Lernmethoden wie Mindmaps, Karteikarten oder visuelle Zusammenfassungen, je nach Lerntyp individuell anpassbar
- Timer oder visuelle Zeitanzeigen: Sie geben ein klares Feedback zur Zeit und machen Fortschritt sichtbar
Wichtig ist: Schaffe dir eine Lernumgebung, die zu deinem Gehirn passt. Für manche bedeutet das absolute Ruhe, für andere motivierende Hintergrundmusik oder ein Café. Auch Ortswechsel – z. B. Bibliothek vormittags, WG-Zimmer nachmittags, können helfen, neue Energie zu gewinnen (DuPaul et al., 2022).
Teste verschiedene Umgebungen, Methoden und Tools, und bleib bei dem, was wirklich funktioniert. Kleine Optimierungen machen oft den grössten Unterschied für Konzentration und Motivation (DuPaul et al., 2022).
Prüfungsphasen überstehen, ohne Zusammenbruch
Für viele Studierende mit ADHS sind Prüfungszeiten die grösste Hürde. Nicht nur der Lernstoff ist eine Herausforderung – sondern auch die emotionale Belastung, die mit Deadlines, Zeitdruck und Erwartungshaltungen einhergeht. Schnell entsteht ein Gefühl der Überforderung: Wo anfangen? Wie lange reicht die Energie? Wie gehe ich mit Versagensängsten um?
Hier helfen bewährte Strategien:
- Frühzeitig anfangen (ja, wirklich!): lieber 15 Minuten am Tag als ein All-Nighter mit Panik
- Lernpläne mit Etappenzielen und klaren Deadlines: kleine Schritte bringen dich weiter als unrealistische Marathon-Sessions
- Abwechslung im Lernstoff: Täglich Themen und Methoden mischen, um das Gehirn wach und interessiert zu halten
- Realistische Ziele setzen: Nicht der 100-Prozent-Anspruch zählt, sondern kontinuierlicher Fortschritt: jeder Tag, an dem du etwas tust, ist ein Erfolg
Auch ein sogenannter Nachteilsausgleich kann dir helfen. An vielen Hochschulen in der Schweiz (z. B. Uni Zürich, ETH oder FH St. Gallen) besteht bei einer ADHS-Diagnose die Möglichkeit auf verlängerte Prüfungszeiten, Pausen während Prüfungen oder alternative Prüfungsformate. Wichtig: Kümmere dich frühzeitig darum und nimm Kontakt zur Studienberatung oder zum Prüfungsamt auf, der Prozess kann etwas dauern (DuPaul et al., 2022).
Hilfe holen und zwar rechtzeitig
Selbstorganisation ist wichtig, aber du musst nicht alles allein schaffen. Gerade bei ADHS ist es hilfreich, sich ein unterstützendes Umfeld aufzubauen. Das reduziert nicht nur Stress, sondern gibt auch mehr Sicherheit und Struktur (DuPaul et al., 2022). Es gibt viele Anlaufstellen für Studierende mit ADHS, sowohl digital als auch vor Ort:
- ADHS-Diagnose in Zürich oder Basel: Fachärzt:innen für Psychiatrie, spezialisierte Ambulanzen oder z. B. die PUK Zürich bieten umfassende Abklärungen an
- Psychotherapie oder ADHS-Coaching: Online-Angebote oder lokale Fachstellen können helfen, individuell passende Strategien zu entwickeln
- Studierendenberatung deiner Hochschule: Sie unterstützt bei Anträgen wie dem Nachteilsausgleich oder hilft dir, passende Lernmethoden zu finden
- ADHS-Selbsthilfegruppen: Austausch mit anderen Betroffenen ist oft enorm entlastend und motivierend, z. B. in ADHS-Foren, lokalen Gruppen oder bei Peer-Treffen
Wer sich frühzeitig Unterstützung sucht, erspart sich oft lange Phasen der Unsicherheit und Überforderung. Besonders dann, wenn schon in der Schulzeit Schwierigkeiten bestanden oder du erst im Erwachsenenalter eine Diagnose erhalten hast, lohnt sich eine professionelle Begleitung. Denn: Du musst nicht „funktionieren wie alle anderen“, du darfst deinen eigenen Weg gehen. Mit den richtigen Hilfen gelingt er leichter (Barkley, Murphy & Fischer, 2018).
Fazit: Studium mit ADHS? Ja, mit Plan
ADHS muss kein Studienhindernis sein. Wichtig ist, die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen, realistische Strukturen zu schaffen und sich gezielt Unterstützung zu holen. Ob du nun in Zürich, Basel oder St. Gallen studierst, ein Studium mit ADHS ist möglich. Vielleicht nicht nach Schema F. Aber auf deine eigene, funktionierende Art.