ADHS bei Frauen wird in der Schweiz noch immer viel zu selten erkannt. Viele Frauen durchlaufen einen langen Leidensweg, bevor sie verstehen, dass ihre Herausforderungen im Alltag, ihre emotionale Empfindsamkeit oder ständige Erschöpfung nicht auf mangelnde Disziplin, sondern auf eine neurobiologische Ursache zurückzuführen sind. In diesem Artikel zeigen wir, warum ADHS bei Frauen oft übersehen wird, welche Symptome typisch sind, wie die Diagnostik in der Schweiz funktioniert und welche Hilfen zur Verfügung stehen (Quinn, P. O., & Madhoo, M. (2014).).
Warum wird ADHS bei Frauen so oft übersehen?
Historisch wurde ADHS vor allem bei Jungen untersucht, laute, auffällige Kinder mit Zappelphilipp-Verhalten. Das klassische Bild von ADHS passt jedoch nicht zu vielen Mädchen und Frauen. Sie zeigen oft keine Hyperaktivität, sondern leiden im Stillen: unter innerer Unruhe, Reizbarkeit, Selbstzweifeln oder chronischer Überforderung (Quinn, P. O., & Madhoo, M. (2014).).
Viele Frauen kompensieren ihre Schwierigkeiten durch Perfektionismus, Überanpassung oder soziale Maskierung. Sie funktionieren, zumindest nach außen. Das führt dazu, dass ihre Probleme nicht als ADHS erkannt, sondern häufig als Depression, Angststörung oder Burnout fehlgedeutet werden (Quinn, P. O., & Madhoo, M. (2014).).
Ein weiterer Grund: Hormone. Der weibliche Zyklus beeinflusst die ADHS-Symptomatik. In bestimmten Phasen (z. B. kurz vor der Periode) können Reizbarkeit, Konzentrationsprobleme oder emotionale Instabilität besonders stark ausgeprägt sein. Auch die Wechseljahre können Symptome verstärken. Der Hormonspiegel beeinflusst nachweislich die Wirkung von Neurotransmittern wie Dopamin, das bei ADHS eine zentrale Rolle spielt (Quinn, P. O., & Madhoo, M. (2014).).
Typische ADHS Symptome bei Frauen
ADHS bei Frauen zeigt sich oft subtiler als bei Männern. Die Symptome sind nicht weniger stark, aber anders verteilt (Rucklidge, J. J. (2010)). Viele Frauen berichten von folgenden Problemen:
- Starke emotionale Schwankungen
- Innere Unruhe und Gedankenkreisen
- Selbstzweifel und ständiges Hinterfragen
- Konzentrationsprobleme trotz Intelligenz
- Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren
- Reizüberflutung in sozialen Situationen
- Chronische Erschöpfung durch permanente Anspannung
Viele Frauen mit ADHS berichten davon, sich «anders» zu fühlen, seit der Kindheit emotional intensiver zu reagieren und unter einem ständigen inneren Druck zu stehen. Häufig wurden sie als sensibel, überfordert oder chaotisch abgestempelt. Doch hinter diesen Eigenschaften kann eine ernstzunehmende neurobiologische Ursache stecken (Rucklidge, J. J. (2010)).
ADHS Test für Frauen: Gibt es Unterschiede?
Die klassischen ADHS Selbsttests, die online zu finden sind, sind häufig auf männlich geprägte Symptome ausgerichtet. Frauen fühlen sich darin nicht immer wieder. Inzwischen gibt es spezifische ADHS-Tests für Frauen, die besser auf die weibliche Symptomatik eingehen. Auch Bücher wie «ADHS bei Frauen» oder Erfahrungsberichte in Foren und sozialen Medien helfen vielen Betroffenen, sich selbst besser zu verstehen (Nussbaum, N. L. (2012).).
Ein kostenloser ADHS-Test für Frauen kann ein wertvoller erster Schritt zur Selbsteinschätzung sein. Er ersetzt jedoch keine fundierte medizinische oder psychologische Abklärung (Nussbaum, N. L. (2012).).
Hinweis: In der Schweiz erfolgt die offizielle Abklärung in der Regel durch eine Psychologin oder Psychiaterin mit Erfahrung im Bereich ADHS. Die Kosten können von der Grundversicherung übernommen werden, sofern eine ärztliche Überweisung vorliegt (Nussbaum, N. L. (2012).).
Sexualität, Identität und ADHS bei Frauen
Ein oft wenig beachtetes Thema ist der Zusammenhang von ADHS und weiblicher Sexualität. Viele Frauen berichten von:
- Geringem Körpergefühl und gestörter Körperwahrnehmung
- Schwierigkeiten mit Intimität oder Reizverarbeitung
- Gesteigerter Impulsivität im sexuellen Verhalten
- Verwirrung bezüglich der eigenen Identität oder sexuellen Orientierung
Solche Erfahrungen sind nicht selten, werden aber oft tabuisiert. Dabei kann gerade das Verständnis für die Verbindung zwischen ADHS, Reizverarbeitung und Sexualität zu mehr Selbstannahme und gesünderen Beziehungen führen.
Wie läuft eine ADHS-Abklärung für Frauen in der Schweiz ab?
Viele Frauen in der Schweiz haben jahrelang nach Antworten gesucht, bevor sie zur ADHS-Diagnose kommen. Der Weg zur Klarheit kann so aussehen:
- Verdacht erkennen: z. B. durch einen ADHS-Test für Frauen, Bücher oder Gespräche mit anderen Betroffenen
- Kontaktaufnahme mit Fachperson: idealerweise eine Psychologin oder Psychiaterin mit ADHS-Erfahrung
- Detaillierte Anamnese: Kindheit, Schulzeit, Familiengeschichte und heutige Belastungen werden erhoben
- Fragebögen und Screening-Tools: speziell auf Frauen abgestimmt
- Ausschluss anderer Erkrankungen: Depression, Angststörungen, Autismus etc.
- Gespräch zur Diagnosemitteilung und Therapieplanung
Gerade für Frauen, die bisher keine psychotherapeutische Erfahrung haben, ist es hilfreich, vorab zu wissen, was sie erwartet. In größeren Schweizer Städten wie Zürich, Bern oder Basel gibt es zunehmend auf ADHS spezialisierte Fachstellen für Frauen.
Wie kann man ADHS bei Frauen behandeln?
ADHS ist gut behandelbar – auch im Erwachsenenalter. Die Therapie sollte individuell erfolgen und folgende Bausteine enthalten:
- Psychoedukation: Verstehen der eigenen Funktionsweise, z. B. durch Gruppenkurse
- Psychotherapie: Verhaltenstherapie, Schematherapie oder integrative Methoden
- ADHS-Coaching: Alltag strukturieren, Prioritäten setzen, Zeitmanagement
- Medikamente: z. B. Methylphenidat oder Atomoxetin, individuell abgestimmt
- Achtsamkeit und Selbstmitgefühl: zur besseren Reiz- und Emotionsregulation
Auch Austausch mit anderen Betroffenen (z. B. in Selbsthilfegruppen für ADHS-Frauen in der Schweiz) kann wertvolle Unterstützung bieten. Wichtig ist, dass Frauen lernen, sich nicht mehr an «neurotypischen» Standards zu messen, sondern ihre Stärken zu entdecken und ihr Leben entsprechend zu gestalten.
Welche Rolle spielt das Umfeld?
ADHS ist keine «individuelle Schwäche», sondern eine neurologisch bedingte Andersartigkeit. Daher ist es wichtig, dass auch das soziale Umfeld informiert und einbezogen wird. Partnerinnen und Partner, Familie oder Arbeitgeber können durch Aufklärung und Verständnis einen entscheidenden Beitrag zur Entlastung leisten.
Fazit: ADHS bei Frauen braucht mehr Sichtbarkeit
ADHS bei Frauen wird in der Schweiz noch immer zu selten erkannt. Die Symptome sind nicht weniger stark, aber oft anders gelagert als bei Männern. Wer sich selbst in den Beschreibungen wiederfindet, sollte sich nicht scheuen, Hilfe zu suchen. Die richtige Diagnose kann vieles verändern: Selbstverständnis, Alltag, Beziehungen – und Lebensqualität.
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