Ein Rückfall bei ADHS kann jederzeit passieren, besonders wenn der Alltag wieder hektischer wird. Auch nach erfolgreicher Behandlung bleibt ADHS eine chronische Störung. Das bedeutet aber nicht, dass man Rückfällen tatenlos ausgeliefert ist. Mit den richtigen Strategien lässt sich die gewonnene Stabilität langfristig sichern. In diesem Artikel zeigen wir dir 6 wirksame Ansätze zur Rückfallprävention, ergänzt um praktische Tipps aus dem Alltag sowie den besonderen Kontext in der Schweiz. Zusätzlich gehen wir auf Hilfsangebote, rechtliche Fragen und langfristige Perspektiven ein (Barkley, o. J.).
Was bedeutet Rückfall bei ADHS?
Ein Rückfall bedeutet, dass sich zentrale ADHS-Symptome wie Impulsivität, Konzentrationsprobleme oder emotionale Reizbarkeit nach einer Phase der Stabilität wieder deutlich verschlechtern. Gründe dafür können sein:
- Absetzen oder falsche Einnahme der Medikation
- Wegfall therapeutischer Unterstützung (z. B. Psychotherapie)
- Überforderung im Alltag oder Beruf
- Lebensveränderungen (z. B. Trennung, Jobverlust, Umzug)
- Körperliche oder psychische Belastungen
Je nach individueller Ausprägung der ADHS kann sich ein Rückfall unterschiedlich zeigen, manche Betroffene kämpfen mit innerer Unruhe, andere mit depressiven Verstimmungen oder einem Rückzug aus sozialen Kontakten (Frontiers, 2024).
Die gute Nachricht: Rückfälle sind vermeidbar, wenn Betroffene lernen, Warnzeichen frühzeitig zu erkennen und aktiv gegenzusteuern. Eine konsequente Rückfallprophylaxe beginnt nicht erst beim Auftreten der Symptome, sondern bereits in Phasen der Stabilität (Frontiers, 2024).
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Struktur im Alltag: der Schlüssel zur Stabilität
Ein stabiler Tagesablauf hilft, Chaos und Überforderung zu vermeiden. Feste Schlafenszeiten, geregelte Mahlzeiten, To-do-Listen und Kalenderplanung sind keine Einschränkungen, sondern stützende Strukturen, die bei ADHS Orientierung geben. Auch Apps, Erinnerungsfunktionen und Planungsboards helfen, den Überblick zu behalten (Miranda et al., 2021).
Tipp: In der Schweiz bieten viele ADHS-Coaches, besonders in Städten wie Zürich, Winterthur oder Basel, digitale Begleitung per Video an. Dies ist auch eine sinnvolle Ergänzung nach abgeschlossener Therapie. Es lohnt sich, bei den Kantonen oder bei ADHS-Hilfe Schweiz nach regionalen Angeboten zu fragen (Miranda et al., 2021).
Auch Arbeitsplätze können strukturiert gestaltet werden: feste Pausen, reduzierte Ablenkung, klare Aufgabenpriorisierung und ggf. Unterstützung durch IV-finanzierte Job-Coaches (Miranda et al., 2021).
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Medikation nicht eigenständig absetzen
Ein häufiger Grund für Rückfälle ist das vorschnelle Absetzen von Medikamenten, sobald es besser geht. Gerade Stimulanzien wie Methylphenidat oder Lisdexamfetamin wirken nur bei regelmäßiger Einnahme zuverlässig. Wer ADHS-Medikamente ohne ärztliche Rücksprache absetzt, riskiert eine starke Symptomverschlechterung (UCL News, 2025).
Wichtig: Auch in der Schweiz ist die ADHS-Therapie durch Psychiater:innen über die Krankenkasse (OKP) abrechenbar. Es bestehen auch Kombinationsmöglichkeiten mit einer Zusatzversicherung für alternative Verfahren. Einige Patient:innen erhalten zusätzlich zur Medikation eine IV-Rente, insbesondere wenn ADHS stark ausgeprägt und chronifiziert ist (UCL News, 2025).
Langfristig ist es sinnvoll, gemeinsam mit Fachpersonen einen Medikationsplan zu entwickeln, der auch Phasen wie Ferien, Stress oder Arbeitslosigkeit berücksichtigt (UCL News, 2025).
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Frühwarnzeichen erkennen und ernst nehmen
Typische Frühzeichen für einen Rückfall:
- Vermehrte Reizbarkeit
- Schlafstörungen
- Konzentrationsprobleme
- Aufschieberitis (Prokrastination)
- Soziale Konflikte
- Vermehrte Unruhe
- Gefühl von «innerer Leere» oder Antriebslosigkeit
Tipp: Ein Symptomtagebuch (analog oder per App) kann helfen, erste Anzeichen zu dokumentieren. Es kann gemeinsam mit Therapeut:innen oder Coaches ausgewertet werden, um frühzeitig gegenzusteuern (UCL News, 2025).
Einige Betroffene berichten auch, dass körperliche Symptome wie Verspannungen, Kopfschmerzen oder Verdauungsprobleme bei ihnen frühe Warnsignale für eine psychische Überlastung sind (UCL News, 2025).
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Psychotherapie fortsetzen oder auffrischen
Nach Abschluss einer Therapie kann es sinnvoll sein, regelmässige Check-ins einzuplanen, zum Beispiel alle 2–3 Monate. Auch Gruppentherapien oder Selbsthilfegruppen in der Region (z. B. ADHS Schweiz, ADHS PUK Zürich) können emotionale Stabilität fördern und Rückfällen vorbeugen (PsychiatryAdvisor, 2025).
Gerade bei Erwachsenen mit ADHS ist Rückfallprophylaxe oft ein eigenes Therapieziel, nicht selten mit IV-relevantem Kontext (z. B. bei drohendem Arbeitsplatzverlust, beruflicher Wiedereingliederung oder Prüfungsangst) (PsychiatryAdvisor, 2025).
Wer keinen Therapieplatz findet, kann auch kurzfristige Online-Angebote in Anspruch nehmen, z. B. über ADHS-Fachstellen oder digitale Programme wie MySkills oder HelloBetter. Auch Coaching-Formate zur Alltagsstrukturierung oder Resilienztraining können hier unterstützend wirken (PsychiatryAdvisor, 2025).
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Stressreduktion gezielt angehen
Stress ist ein zentraler Rückfallfaktor. Menschen mit ADHS neigen zu Überforderung, weil sie Belastungen oft spät wahrnehmen. Entspannungstechniken wie Achtsamkeit, Atemübungen, progressive Muskelentspannung oder Sport helfen nachweislich, das Nervensystem zu stabilisieren (The Guardian, 2025).
Auch kreative Hobbys, Naturaufenthalte und soziale Aktivitäten tragen zur emotionalen Balance bei, besonders wenn sie regelmässig stattfinden (The Guardian, 2025).
Empfehlung: In der Schweiz bieten viele Fachstellen für ADHS, darunter auch die PUK Zürich, ADHS Winterthur oder regionale Beratungsdienste, Kurse zur Stressbewältigung an, häufig auch online und abrechenbar über Zusatzversicherungen (The Guardian, 2025).
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Akzeptanz und Selbstfürsorge entwickeln
ADHS bleibt oft ein lebenslanger Begleiter. Akzeptanz bedeutet nicht Resignation, sondern die Fähigkeit, sich mit der eigenen Neurodiversität auseinanderzusetzen und gut für sich zu sorgen. Dazu gehören:
- Offenheit gegenüber Hilfsangeboten
- Individuelle Erfolgserlebnisse schaffen
- Sich nicht mit anderen vergleichen
- Rückschläge als Lernchancen begreifen
Viele Betroffene berichten, dass ein bewusster Umgang mit ADHS ihre Lebensqualität deutlich verbessert hat – etwa durch Psychoedukation, Austausch mit anderen (z. B. in Foren oder Gruppen), Podcasts oder Lektüre (The Guardian, 2025).
Hinweis: In der Schweiz ist auch eine Kombination aus Psychotherapie, Sozialarbeit und medizinischer Begleitung über die IV möglich – besonders wenn ADHS mit weiteren psychischen Erkrankungen einhergeht.
Fazit: Rückfälle sind vermeidbar: mit dem richtigen Mix
Ein Rückfall ist bei ADHS keine Seltenheit, aber er muss kein Schicksal sein. Mit strukturierter Selbstfürsorge, professioneller Begleitung und digitaler Unterstützung lässt sich Stabilität gezielt sichern. Die wichtigsten Instrumente dabei: Frühwarnzeichen ernst nehmen, Therapie nicht abrupt beenden, Alltagsstruktur pflegen, Stressreduktion aktiv angehen.
Gerade in der Schweiz stehen viele Wege offen, von OKP-finanzierten Therapieplätzen über ADHS-Fachstellen in Städten wie Zürich oder Winterthur bis hin zu IV-Unterstützung bei komplexeren Verläufen. Wichtig ist, dass Rückfallprävention nicht erst dann beginnt, wenn Symptome zurückkehren, sondern als dauerhafter Bestandteil im Alltag integriert wird.