Wenn der Verdacht auf ADHS besteht, ist für viele Betroffene die wichtigste Frage: Wer darf in der Schweiz ADHS diagnostizieren? Die Antwort darauf ist entscheidend, nicht nur, um Klarheit über die eigene Situation zu gewinnen, sondern auch, weil eine offizielle Diagnose Voraussetzung für eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse (OKP) sein kann (Kooij et al., 2019).
In diesem Artikel geben wir dir einen umfassenden Überblick über die Zuständigkeiten bei der ADHS Diagnose in der Schweiz, nennen konkrete Berufsgruppen, erklären den Ablauf der Abklärung und zeigen dir, wie du passende Fachpersonen findest (Kooij et al., 2019).
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Was bedeutet «Diagnose» bei ADHS?
Die Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist ein komplexer Prozess. Es reicht nicht, ein paar Online-Fragen zu beantworten (Zysset et al., 2023). Vielmehr ist eine umfassende fachliche Abklärung notwendig, bei der verschiedene Informationsquellen einbezogen werden:
- Eigenanamnese (Selbsteinschätzung)
- Fremdanamnese (z. B. Eltern, Partner:in)
- standardisierte Fragebögen (z. B. DIVA 2.0, WURS)
- psychologische Tests (Aufmerksamkeit, Gedächtnis etc.)
- Ausschluss anderer Störungen (z. B. Depression, Burnout, Trauma)
Diese Abklärung darf in der Schweiz nur von bestimmten Fachpersonen durchgeführt und dokumentiert werden (Zysset et al., 2023).
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Wer darf in der Schweiz eine ADHS-Diagnose stellen?
In der Schweiz ist die Diagnosestellung rechtlich geregelt. Folgende Fachpersonen dürfen eine offizielle ADHS-Diagnose stellen:
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a) Fachärzt:innen für Psychiatrie und Psychotherapie
Diese Ärzt:innen haben ein Medizinstudium und eine fachspezifische Weiterbildung abgeschlossen. Sie dürfen Diagnosen stellen, Medikamente verschreiben und Therapien verordnen. Besonders in der Erwachsenenpsychiatrie sind sie häufig erste Ansprechpartner:innen bei ADHS (Zysset et al., 2023).
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b) Fachärzt:innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie
Bei Kindern und Jugendlichen ist die Diagnostik besonders sensibel. Kinderpsychiater:innen verfügen über spezielles Know-how, um kindliche Entwicklungsphasen, schulische Faktoren und familiäre Dynamiken zu berücksichtigen (Mörstedt et al., 2015).
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c) Psycholog:innen mit eidgenössisch anerkannter Weiterbildung in Psychotherapie
Auch psychologische Psychotherapeut:innen dürfen ADHS diagnostizieren, sofern sie eine Berufsausübungsbewilligung (BAB) des jeweiligen Kantons haben. Sie arbeiten mit wissenschaftlich anerkannten Verfahren und beziehen in der Regel keine Medikamente ein (können aber mit Ärzt:innen kooperieren) (Mörstedt et al., 2015).
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d) Neuropsycholog:innen mit Fachtitel
Neuropsycholog:innen sind auf die Untersuchung von Hirnfunktionen spezialisiert. Sie können durch standardisierte Tests wichtige Hinweise auf ADHS liefern und in bestimmten Kantonen auch offizielle Diagnosen stellen, wenn sie über eine BAB verfügen (Wieber et al., 2018).
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Welche Voraussetzungen gelten für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse?
Damit die Grundversicherung (OKP) die Kosten für eine ADHS-Abklärung oder -Behandlung übernimmt, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
- Die Abklärung erfolgt durch eine Fachperson mit gültiger Berufsausübungsbewilligung im jeweiligen Kanton.
- Bei Psycholog:innen muss eine ärztliche Anordnung vorliegen (seit Inkrafttreten des Anordnungsmodells).
- Die Diagnostik orientiert sich an den internationalen Klassifikationen (ICD-10/11 oder DSM-5).
Privat durchgeführte Abklärungen ohne Anbindung an die Grundversorgung können von den Kassen abgelehnt werden (Wieber et al., 2018).
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Wo finde ich Fachpersonen für die ADHS-Diagnose?
Fachpersonen mit Berechtigung zur ADHS-Diagnostik findest du in:
- psychiatrischen Praxen
- psychologischen Ambulatorien
- neuropsychologischen Zentren
- ADHS-Zentren (z. B. in Zürich, Bern, Basel, Lausanne)
- Spitälern mit psychologischer Abteilung
Weitere Anlaufstellen:
- Website der FSP (Föderation Schweizer Psycholog:innen)
- FMH-Register (Fachärzt:innen-Verzeichnis)
- Plattformen wie ADHS20plus.ch oder ADHS.ch
Auch Selbsthilfegruppen oder Online-Foren können dir Empfehlungen geben.
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Fazit: Klarheit durch die richtige Fachperson
Die Diagnose ADHS kann ein Schlussfaktor für dein Wohlbefinden und deine Lebensplanung sein. Damit sie anerkannt wird und dir Zugang zu Therapien und eventuell Medikamenten verschafft, muss sie durch eine entsprechend qualifizierte Fachperson gestellt werden. In der Schweiz stehen dir viele Möglichkeiten offen, nutze sie (Ostinelli et al., 2025).
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