Menschen mit ADHS jonglieren täglich mit einer Vielzahl an Herausforderungen: ständige Ablenkbarkeit, innere Unruhe, emotionale Reizbarkeit und ein oft lückenhaftes Zeitgefühl. Was für andere wie eine Kleinigkeit wirkt, etwa ein Termin oder eine Aufgabe, kann bei ADHS-Betroffenen einen hohen inneren Druck auslösen. Genau dieser Druck, verbunden mit dem Versuch, «normal» zu funktionieren, ist ein zentraler Faktor für das hohe Burnout-Risiko (Turjeman-Levi et al., 2024).
Viele ADHS-Betroffene berichten von einem ständigen Gefühl der Überforderung. Sie müssen sich im Alltag oft doppelt so sehr anstrengen, um den gleichen Output zu liefern wie neurotypische Menschen. Diese permanente Kompensation führt zu Erschöpfung. Hinzu kommt: Wer ADHS hat, neigt häufig zu Perfektionismus, um das Gefühl von «Nicht-genug-sein» auszugleichen. Diese Kombination aus Überanstrengung und selbstauferlegtem Druck ist ein Nährboden für ein sogenanntes ADHS Burnout Syndrom (Turjeman-Levi et al., 2024).
Ein weiterer Risikofaktor: Hyperfokus. Viele mit ADHS kennen Momente, in denen sie sich stundenlang in eine Sache vertiefen, ohne Pause, ohne Essen, ohne Trinken. Was kurzfristig wie Produktivität wirkt, kann langfristig zur totalen Erschöpfung führen (Turjeman-Levi et al., 2024).
Auch psychosoziale Faktoren spielen eine Rolle. Viele Betroffene erleben Ausgrenzung oder Missverständnisse am Arbeitsplatz oder in der Familie. Symptome wie Prokrastination oder Vergesslichkeit werden häufig als Faulheit missverstanden. Das kann zusätzlichen Stress und Schuldgefühle auslösen, eine typische Dynamik bei «Burnout wegen ADHS».
Woran du ein drohendes ADHS-Burnout erkennst
Burnout bei ADHS ist tückisch – er schleicht sich langsam ein und wird oft erst spät erkannt. Dabei gibt es durchaus typische Frühsymptome, auf die du achten kannst. Je früher du sie wahrnimmst, desto eher kannst du gegensteuern und dich schützen (Oscarsson et al., 2022).
Klassische Warnzeichen sind:
- Ständige Erschöpfung, selbst wenn du ausreichend geschlafen hast. Du wachst auf und fühlst dich trotzdem wie ausgelaugt.
- Ein Gefühl innerer Leere oder eine emotionale Abstumpfung: Dinge, die dich früher berührt oder begeistert haben, lassen dich kalt.
- Verlust von Motivation, selbst für Aktivitäten, die dir eigentlich Freude bereiten, ein typisches Symptom bei ADHS Burnout.
- Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen oder plötzliche emotionale Ausbrüche ohne klaren Auslöser.
- Konzentrationsprobleme, die deutlich über das bei dir gewohnte Mass hinausgehen, es fällt dir extrem schwer, dich auf einfache Aufgaben zu fokussieren.
- Rückzug aus sozialen Kontakten, selbst wenn du weisst, dass dir diese Menschen eigentlich guttun würden.
Viele Betroffene beschreiben ein Lebensgefühl wie «funktionieren auf Autopilot» oder «wie in Watte eingepackt». Du erledigst Dinge mechanisch, ohne wirklich präsent zu sein. Manchmal fühlst du dich auch einfach leer, als hätte jemand den Stecker gezogen (Oscarsson et al., 2022).
Wenn du merkst, dass du dich immer häufiger überfordert fühlst, selbst bei alltäglichen Aufgaben, dann nimm dieses Gefühl ernst. Frag dich ruhig bewusst: «Was ist ADHS Burnout, und bin ich womöglich schon mittendrin?»
Dieser Moment der Selbstbeobachtung kann ein erster Schritt zur Veränderung sein. Burnout bei ADHS ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Alarmsignal deines Körpers und deines Geistes, dass du zu lange über deine Grenzen gegangen bist. Nimm diese Signale ernst, und erlaube dir, Hilfe anzunehmen. (Oscarsson et al., 2022)
5 konkrete Strategien zur Burnout-Prävention bei ADHS
- Kenne deine Frühwarnzeichen
Führe ein kleines Tagebuch oder nutze eine Notiz-App, um typische Anzeichen für Überlastung bei dir zu dokumentieren. Dazu zählen unter anderem Einschlafprobleme, morgendliche Erschöpfung, plötzliche Gereiztheit, gesteigerte Vergesslichkeit oder das starke Bedürfnis, Aufgaben aufzuschieben. Diese Signale sind individuell – finde deine persönlichen Stressindikatoren. Wenn du diese frühzeitig bemerkst, kannst du gezielt gegensteuern, bevor die Belastung kippt (Rogers et al., 2017). Das erhöht deine Selbstwirksamkeit und schützt dich vor einem möglichen «ADHS Burnout». - Plane realistisch – und mit Pausen
Verzichte auf unrealistische To-Do-Listen. Plane deine Tage mit realistischen Zielen und integriere bewusst Pausen und Erholungszeiten. Tools wie die Pomodoro-Technik (25 Minuten fokussiertes Arbeiten, gefolgt von 5 Minuten Pause) können helfen, deine Energie besser einzuteilen. Auch Microbreaks – also Mini-Pausen von wenigen Sekunden, in denen du aufstehst, tief atmest oder dich kurz dehnst, können Wunder wirken. Besonders bei ADHS ist es hilfreich, den Tag visuell zu strukturieren, zum Beispiel durch farbige Kalender oder Aufgaben-Apps (Yamamoto, 2022). - Vermeide den Perfektionismus-Teufelskreis

Perfektionismus ist bei vielen ADHS-Betroffenen eine Reaktion auf das Gefühl, «nicht zu genügen». Doch der Wunsch, alles perfekt zu machen, führt oft zu Blockaden und chronischem Aufschieben. Stattdessen: Setze Prioritäten. Was muss heute wirklich erledigt werden? Was kann warten? Erlaube dir, unperfekt zu sein. «Gut genug» ist oft der Schlüssel zur Entlastung. Auch das Delegieren oder bewusste Liegenlassen von Aufgaben kann helfen, die eigenen Ressourcen zu schonen, ein effektiver Schutz vor Überforderung (Ashinoff & Abu-Akel, 2021). - Vernetze dich mit anderen
Der Austausch mit anderen Betroffenen ist wertvoll. Du erkennst, dass du mit deinen Herausforderungen nicht allein bist – das entlastet emotional. In der Schweiz gibt es lokale Angebote wie die ADHS Selbsthilfegruppe Bern, aber auch Gruppen in Winterthur, Basel oder Solothurn. Darüber hinaus bieten Plattformen wie «ADHS 20min» hilfreiche Artikel und Erfahrungsberichte. Auch Tests wie der ADHS 20 Plus Test können dir helfen, dein eigenes Profil besser zu verstehen. So findest du Orientierung und konkrete Anregungen für deinen Alltag (Shaw et al., 2014). - Hol dir therapeutische Begleitung
Professionelle Hilfe ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Selbstfürsorge. Verhaltenstherapie bei ADHS kann dir helfen, deine Denk- und Handlungsmuster zu reflektieren und neue Wege im Umgang mit Stress zu finden. In der Schweiz gibt es viele Möglichkeiten: von ambulanten Angeboten über Online-Psychotherapie bis zu spezialisierten Privatpraxen. Adressen wie «ADHS Psychotherapie Bern» oder Praxen in Luzern, Solothurn oder Burgdorf bieten oft auch erste Orientierungsgespräche an. Auch Gruppentherapien oder ADHS-Coachings können Teil einer wirksamen Burnout-Prävention sein (Beaton et al., 2022).
Fazit: ADHS & Burnout brauchen mehr Aufmerksamkeit
Ein «Burnout wegen ADHS» ist keine Schwäche, es ist vielmehr ein deutlicher Hinweis darauf, dass deine bisherigen Bewältigungsstrategien nicht zu deinen individuellen Bedürfnissen passen. Es ist ein Zeichen chronischer Überforderung, nicht fehlender Leistungsfähigkeit. Denn viele Menschen mit ADHS stemmen tagtäglich mehr, als von aussen sichtbar ist, oft mit einem enormen Kraftaufwand und häufig auf Kosten ihrer psychischen und körperlichen Gesundheit.
Deshalb: Sprich offen über deine Erschöpfung. Teile deine Erfahrungen mit vertrauten Personen oder in einer Selbsthilfegruppe. Nimm Warnzeichen ernst, auch wenn sie sich zunächst diffus anfühlen. Und vor allem: Hör auf, dich mit anderen zu vergleichen. Du funktionierst nicht wie die Mehrheit, und genau deshalb brauchst du individuelle Strategien und Werkzeuge, die wirklich zu dir und deinem ADHS-Gehirn passen.
Es ist völlig in Ordnung, Pausen zu brauchen, Grenzen zu setzen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn Burnout-Prävention ist kein Luxus, sondern ein Akt der Selbstfürsorge. Mit der richtigen Unterstützung – sei es durch Therapie, ADHS-Coaching, medizinische Beratung oder die Einbindung in ein unterstützendes soziales Umfeld, kannst du nicht nur ein Burnout verhindern. Du kannst ein Leben gestalten, das dir wirklich entspricht: mit mehr Leichtigkeit, mehr Klarheit, und mehr Resilienz.