Burnout ist längst kein Phänomen mehr, das nur Managerinnen oder Pflegekräfte betrifft. Auch Menschen mit ADHS sind besonders anfällig, und das aus mehreren Gründen. Was oft übersehen wird: Die ADHS-Symptome wirken wie ein Verstärker für chronischen Stress. Der Alltag kostet sie nicht nur mehr Energie, sondern zehrt auch emotional stark aus. Das Ergebnis ist eine unsichtbare Doppelbelastung, die viele an ihre Grenzen bringt, körperlich, psychisch und sozial (Chan, Teo & Chua, 2023).
Was ADHS-Betroffene zusätzlich belastet:
- Ständige innere Unruhe: Gedanken rasen, das Nervensystem steht nie still. Selbst Ruhephasen fühlen sich oft „unruhig“ an.
- Konzentrationsprobleme: Dinge anzufangen, dranzubleiben oder zu beenden, jede Kleinigkeit wird zur Herausforderung.
- Reizoffenheit: Geräusche, Licht, Emotionen, alles wird intensiver wahrgenommen und schlechter gefiltert.
- Emotionale Achterbahnfahrt: Gefühle kippen schnell. Freude, Frust, Reizbarkeit, alles liegt oft nah beieinander.
- Hoher Anpassungsdruck: Viele Betroffene versuchen, „normal“ zu funktionieren, was enorm viel Kraft kostet.
- Perfektionismus & Selbstkritik: Trotz Schwierigkeiten möchten viele es allen recht machen. Das führt zu Selbstüberforderung.
All diese Faktoren wirken dauerhaft wie ein innerer Stressmotor, der selten zur Ruhe kommt, und irgendwann ausbrennt (Chan, Teo & Chua, 2023).
Was macht die Situation so herausfordernd?
Viele ADHS-Betroffene merken erst spät, dass sie ausgebrannt sind, weil Überforderung ein Dauerzustand ist. Die Symptome sind diffus, werden oft verharmlost („Ich war halt müde“), oder mit dem ADHS selbst verwechselt (Chan, Teo & Chua, 2023).
Typischer Teufelskreis:
- ADHS verursacht mehr Stress im Alltag.
- Die Person strengt sich noch mehr an, um mithalten zu können.
- Erschöpfung tritt ein, wird aber ignoriert.
- Die Symptome verschlimmern sich, bis der Körper streikt.
Warum ist die Burnout-Gefahr bei ADHS so hoch?
Menschen mit ADHS sind im Alltag oft besonders gefordert, nicht, weil sie weniger leisten könnten, sondern weil sie für dieselben Aufgaben mehr Energie verbrauchen. Die Symptome der ADHS
wirken wie ein ständiger Begleiter im Hintergrund, der Energie zieht, selbst an scheinbar „ruhigen“ Tagen. Wenn dann noch gesellschaftlicher Leistungsdruck hinzukommt, entsteht schnell ein gefährlicher Mix aus Dauerstress, Frustration und Erschöpfung (Chan, Teo & Chua, 2023).
Die Folge: Viele rutschen unbemerkt in einen Zustand chronischer Überforderung, bis sie irgendwann nicht mehr können. Doch woran liegt das genau?
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Dauerhafte Reizüberflutung, das Nervensystem im Dauerfeuer
ADHS-Betroffene nehmen ihre Umwelt oft intensiver und ungefilterter wahr (Chan, Teo & Chua, 2023). Das klingt harmlos, hat aber enorme Folgen:
- Geräusche, Gespräche, Licht, Gedanken, alles kommt gleichzeitig und ungefiltert ins Bewusstsein.
- Die Fähigkeit zur Reizfilterung ist vermindert, was das Gehirn ständig auf Hochtouren arbeiten lässt.
- Schon ein Einkauf im Supermarkt oder eine halbe Stunde im Großraumbüro können völlig auslaugen.
- Dauerhafte Reizoffenheit bedeutet: Der Körper bleibt im Stressmodus, selbst in Ruhephasen.
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Perfektionismus und Selbstzweifel, der innere Antreiber
Viele Erwachsene mit ADHS haben früh gelernt, dass sie „anders“ sind (Chan, Teo & Chua, 2023). Um das zu kompensieren, entwickeln sie oft sehr hohe Ansprüche an sich selbst:
- „Wenn ich mich nur mehr anstrenge, bin ich auch gut genug.“
- Der Wunsch, zu funktionieren, wird zum inneren Antreiber, auch wenn die Kräfte längst am Limit sind.
- Fehler, Vergesslichkeit oder emotionale Ausbrüche führen oft zu Selbstkritik und dem Gefühl, „nicht normal“ zu sein.
- Das erzeugt enormen inneren Druck, und verhindert, dass man sich Pausen gönnt oder Hilfe sucht.
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Hoher Energieaufwand für scheinbar Selbstverständliches
Was bei anderen wie nebenbei läuft, ist für viele ADHS-Betroffene ein echter Kraftakt:
- Pünktlichkeit, Organisation, To-do-Listen, Deadlines, alles braucht aktive Steuerung.
- Ohne strukturgebende Hilfsmittel geraten Termine, Aufgaben und Routinen schnell durcheinander.
- Daraus entsteht häufig das Gefühl: „Ich bin ständig hinterher.“
- Jeder Alltagstag kann sich wie ein Dauerlauf mit Stolpersteinen anfühlen, das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Selbstwert.
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Zu wenig Pausen, weil der Alltag keinen Raum lässt
Menschen mit ADHS sind häufig im Überlebensmodus: Sie funktionieren, irgendwie, aber echte Erholung kommt dabei zu kurz (Chan, Teo & Chua, 2023).
- Viele erkennen erst sehr spät, wie erschöpft sie wirklich sind.
- Pausen machen fällt schwer, weil der Kopf weiterläuft: „Ich muss doch noch…“
- Selbstfürsorge erscheint zweitrangig, bis der Körper oder die Psyche streikt.
- Wer jahrelang über seine Grenzen geht, verbrennt innerlich, ohne es zu merken.
Typische Anzeichen für Burnout bei ADHS
Ein Burnout kommt selten plötzlich, vor allem bei Menschen mit ADHS entwickelt er sich langsam und oft unbemerkt. Viele interpretieren die Symptome fälschlicherweise als „ADHS schlimmer als sonst“, dabei steckt häufig eine tiefere psychische Erschöpfung dahinter. Wer die Warnsignale kennt, kann früher gegensteuern (Oscarsson et al., 2022).
Achte besonders auf folgende Anzeichen, gerade wenn mehrere gleichzeitig auftreten:
Ständige Erschöpfung, auch nach dem Schlaf
- Du fühlst dich morgens wie gerädert, obwohl du lange genug geschlafen hast.
- Selbst einfache Aufgaben wie Duschen oder Einkaufen wirken überfordernd.
- Die innere Batterie lädt nicht mehr richtig auf, egal wie viele Pausen du machst.
Hinweis: Viele verwechseln diese Erschöpfung mit „normalem Stress“, dabei ist sie ein zentrales Symptom von Burnout (Oscarsson et al., 2022).
Konzentrationsprobleme, die deutlich zunehmen
- Deine Gedanken schweifen ständig ab, noch mehr als sonst bei ADHS.
- Selbst bei wichtigen oder interessanten Aufgaben findest du keinen Fokus.
- Multitasking wird unmöglich, und selbst das Abarbeiten einfacher To-dos scheitert.
Achte auf Veränderungen: Wenn du plötzlich keine Struktur mehr findest, obwohl du früher Strategien hattest, kann das ein Zeichen sein (Oscarsson et al., 2022).
Gefühlsausbrüche oder emotionale Leere
- Du reagierst schneller gereizt oder übertrieben emotional, oft ohne klaren Auslöser.
- Gleichzeitig kannst du auch in eine Art innere Leere rutschen, ohne Zugang zu Gefühlen.
- Wut, Tränen oder Rückzug wechseln sich ab, ohne dass du es richtig einordnen kannst.
Tipp: Burnout bei ADHS kann sich emotional extrem widersprüchlich anfühlen, alles ist „zu viel“, aber gleichzeitig „zu leer“ (Oscarsson et al., 2022).
Verlust von Motivation, selbst für Lieblingsdinge
- Dinge, die dir früher Freude gemacht haben (z. B. Hobbys, Serien, Sport), lassen dich kalt.
- Du schiebst alles vor dir her, selbst kleine Erledigungen werden zur Überforderung.
- Der Gedanke „Was bringt das alles?“ kommt immer öfter.
Achtung: Diese Antriebslosigkeit ist kein Faulheitszeichen, sondern ein Hilferuf deiner Psyche (Oscarsson et al., 2022).
Sozialer Rückzug und das Gefühl „Ich kann nicht mehr“
- Du gehst Gesprächen und Treffen aus dem Weg, nicht aus Desinteresse, sondern weil dir die Kraft fehlt.
- Reize, Geräusche oder soziale Erwartungen fühlen sich überfordernd an.
- Du möchtest dich nur noch zurückziehen, um endlich Ruhe zu haben.
Wichtig: Wenn selbst enge Beziehungen plötzlich „zu anstrengend“ werden, ist es Zeit, genau hinzuschauen (Oscarsson et al., 2022).
Vermehrte körperliche Beschwerden ohne klare Ursache
- Häufige Kopfschmerzen, Magenprobleme oder Verspannungen treten auf.
- Du schläfst schlecht, trotz Erschöpfung liegst du wach oder wälzt dich herum.
- Dein Körper signalisiert: Etwas stimmt nicht, obwohl medizinisch alles unauffällig ist.
Merke: Der Körper sendet oft früher Warnzeichen als der Kopf. Nimm sie ernst (Oscarsson et al., 2022).
Was macht Burnout bei ADHS so heimtückisch?
Burnout und ADHS teilen viele Symptome: Konzentrationsprobleme, emotionale Überforderung, Erschöpfung, Antriebslosigkeit. Das macht es besonders schwer, Burnout rechtzeitig zu erkennen, vor allem bei Erwachsenen mit ADHS. Was wie eine „schlechte Phase“ wirkt, ist oft schon der Beginn einer ernsthaften Überlastung (Erdal et al., 2025).
Das Heimtückische daran: Die Warnzeichen werden nicht nur von den Betroffenen selbst oft übersehen, auch Fachpersonen deuten sie manchmal als reine ADHS-Symptomatik (Erdal et al., 2025).
Warum der Burnout bei ADHS leicht übersehen wird:
- Symptome überlappen stark: Konzentrationsprobleme, emotionale Schwankungen oder innere Unruhe sind bei ADHS „normal“. Wenn sie sich verstärken, wird das oft auf die ADHS selbst zurückgeführt, nicht auf Erschöpfung (Erdal et al., 2025).
- Fehlendes Frühwarnsystem: Viele ADHS-Betroffene spüren körperliche und seelische Überlastung erst, wenn es schon zu spät ist. Die Fähigkeit, rechtzeitig zu bremsen, ist bei ADHS oft eingeschränkt (Erdal et al., 2025).
- Verstärkte Selbstkritik: Viele versuchen, „funktionieren“ zu müssen, auch wenn sie innerlich längst am Limit sind. Statt Hilfe zu suchen, machen sie sich Vorwürfe, nicht genug Disziplin zu habe (Erdal et al., 2025)n.
Burnout verschärft ADHS-Symptome: ein gefährlicher Kreislauf
Ein weiteres Problem: Burnout wirkt wie ein Verstärker für ADHS-Symptome. Was vorher noch irgendwie kompensierbar war, entgleitet immer mehr (Erdal et al., 2025). Die Folgen:
- Impulsivität nimmt zu
Entscheidungen werden hastiger, Konflikte häufiger. Die Fähigkeit, innezuhalten, schwindet. - Emotionale Reaktionen werden extremer
kleine Reize führen zu Wut, Tränen oder Rückzug. Emotionale Regulation wird deutlich schwieriger. - Struktur und Planung zerfallen
To-dos bleiben liegen, Termine werden vergessen, der Alltag gerät ins Chaos. - Frustrationstoleranz sinkt
bereits kleine Hindernisse wirken überwältigend. Schnell entsteht das Gefühl: „Ich kann einfach gar nichts mehr.“
All das verstärkt wiederum den inneren Druck, und damit die Erschöpfung. Es entsteht ein Teufelskreis, aus dem viele ohne professionelle Hilfe nur schwer wieder herausfinden (Erdal et al., 2025).
Wer ist besonders betroffen?
Burnout bei ADHS kann grundsätzlich jede und jeden treffen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Lebenssituation. Doch es gibt bestimmte Gruppen, bei denen die Belastung und das Risiko besonders hoch sind. Diese Menschen stehen oft unter einem enormen inneren und äußeren Druck, und haben zugleich weniger Ressourcen, um sich zu erholen (Porto, Murgo & de Souza, 2024).
Hier ein Überblick über besonders gefährdete Gruppen:
Berufstätige mit hoher Verantwortung
Menschen mit ADHS, die in anspruchsvollen Jobs arbeiten, laufen Gefahr, ihre Belastungsgrenzen zu übersehen, besonders in Berufen, wo:
- ständige Reizverarbeitung (z. B. Notfälle, Multitasking) gefordert ist
- hohe Eigenverantwortung und Leistungsdruck herrschen
- kaum Pausen möglich sind oder Erholung nicht vorgesehen ist
Typische Beispiele: Pflegefachpersonen, Ärzt:innen, Lehrer:innen, Führungskräfte, Projektmanager:innen.
Diese Berufe verlangen oft ein Maß an Struktur, Detailtreue und Durchhaltevermögen, das für Menschen mit ADHS besonders herausfordernd ist, und daher schnell zu Überforderung führt (Porto, Murgo & de Souza, 2024).
Eltern mit ADHS
Elternschaft ist fordernd, mit ADHS oft noch mehr (Porto, Murgo & de Souza, 2024). Besonders betroffen sind:
- Alleinerziehende mit ADHS
- Eltern mit mehreren Kindern oder mit Kindern, die selbst besondere Bedürfnisse haben
- Elternteile, die sich für „alles zuständig“ fühlen und keine Entlastung erleben
Der Alltag wird schnell zur Dauerbelastung: Reizüberflutung, ständige Organisation, emotionale Erschöpfung – und gleichzeitig kaum Zeit für Selbstfürsorge. Das führt nicht selten zu einem schleichenden Burnout (Porto, Murgo & de Souza, 2024).
Studierende & Schüler:innen mit ADHS
Auch im Bildungsbereich ist das Risiko hoch, vor allem bei:
- jungen Erwachsenen mit spät erkannter ADHS, die lange ohne Unterstützung gelernt haben zu kompensieren
- Studierenden mit hohen Erwartungen an sich selbst, aber Schwierigkeiten bei Planung, Fokus und Zeitmanagement
- Schüler:innen, die ständig unter Beobachtung stehen und Angst haben, negativ aufzufallen
Viele erleben das Gefühl, „ständig hinterherzuhinken“, trotz grosser Anstrengung. Misserfolgserlebnisse, Überforderung und Selbstzweifel begünstigen die Entwicklung eines Burnouts (Porto, Murgo & de Souza, 2024).
Frauen mit ADHS
ADHS wird bei Frauen häufig spät erkannt oder gar nicht diagnostiziert. Sie entwickeln oft ausgefeilte Strategien, um im Alltag „unauffällig“ zu bleiben – ein Prozess, der viel Energie kostet (Porto, Murgo & de Souza, 2024).
Typische Belastungen:
- Camouflaging: Anstrengende Anpassung an gesellschaftliche Erwartungen
- Hoher innerer Perfektionismus, oft bei gleichzeitig chaotischem Innenleben
- Mehrfachbelastung durch Beruf, Familie, Haushalt, häufig ohne Rückzugsräume
- Emotionale Belastung durch nicht ernst genommen werden oder das Gefühl, „nicht gut genug“ zu sein
Die Folge: Viele Frauen brennen innerlich aus, ohne dass ihr Umfeld es bemerkt. Burnout verläuft hier oft still, bis nichts mehr geht (Porto, Murgo & de Souza, 2024).
Soforthilfe in akuten Phasen, Was jetzt wirklich hilft
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Bewusst Pause machen, auch wenn du meinst, es nicht „verdient“ zu haben

Viele ADHS-Betroffene fühlen sich nur dann zu Pausen berechtigt, wenn sie „genug geleistet“ haben. Doch genau dieser Anspruch treibt in die Erschöpfung (Sundström et al., 2024).
Besser:
- Mach regelmässige Kurzpausen, z. B. 5 Minuten mit geschlossenen Augen, ein Spaziergang um den Block oder ein Power Nap.
- Plane bewusst «leere Zeitfenster» ein, auch wenn du nichts tust, ist das heilsam für dein System.
- Vermeide Multitasking, selbst kleine Monotätigkeiten (z. B. Wäsche falten oder abwaschen in Ruhe) können erholsam wirken.
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Reize reduzieren, Dein Nervensystem braucht Ruhe
Menschen mit ADHS haben oft ein sehr sensibles Reizempfinden. In Phasen der Erschöpfung wird das Gehirn noch empfindlicher (Sundström et al., 2024).
Konkret helfen können:
- Noise-Cancelling-Kopfhörer oder Ohrstöpsel
- Handy in den Flugmodus oder ganz weglegen
- Rückzugsorte schaffen: Dunkle Räume, leise Musik, beruhigende Düfte (z. B. Lavendel)
- Visuelles Chaos reduzieren, z. B. durch Aufräumen eines kleinen Bereichs, um weniger Überforderung zu spüren
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Sprich mit jemandem, auch wenn es schwerfällt
Du musst nicht alles alleine tragen. Und: Du musst nicht erklären können, „warum“ du dich so fühlst (Sundström et al., 2024). Es reicht, einfach zu sagen:
„Ich bin gerade am Limit. Ich weiss nicht genau, was los ist, aber ich brauche jemanden zum Reden.“
Wichtig:
- Vertrauensperson aus dem privaten Umfeld (z. B. Partner:in, Freund:in)
- ADHS-Selbsthilfegruppen (online oder lokal)
- Beratungsstelle oder psychologische Fachperson
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Hol dir professionelle Unterstützung, besser früher als später
Ein Gespräch mit einer Fachperson kann entlasten, besonders, wenn du das Gefühl hast, nicht mehr rauszukommen (Sundström et al., 2024).
In der Schweiz ist Psychotherapie oft über die Grundversicherung (OKP) möglich, wir helfen dir bei Bedarf auch bei der Organisation einer ärztlichen Überweisung (Sundström et al., 2024).
Alternativen für den Einstieg:
- Telemedizinische ADHS-Angebote
- Online-Therapieplattformen
- ADHS-Coaching (wenn es sich um alltagspraktische Unterstützung handeln soll)
Mini-Checkliste für besonders schwere Tage
Wenn du nicht mehr weiter weisst, hilft es oft, ganz grundlegende Dinge zu prüfen. Stell dir dazu folgende Fragen:
- Habe ich heute genug getrunken (mind. 1–2 Gläser Wasser)?
- Habe ich etwas gegessen, das mir Energie gibt?
- War ich an der frischen Luft, auch nur 5 Minuten?
- Habe ich jemanden kontaktiert, oder mich völlig zurückgezogen?
- Gibt es heute etwas, das ich weglassen oder verschieben kann?
Wenn du mehrere Punkte mit „Nein“ beantwortest: Das ist kein Scheitern, es ist ein Zeichen, dass du gerade Hilfe brauchst.
Merksatz für den Alltag:
Du bist nicht faul. Du bist erschöpft.
Und das ist ein wichtiger Unterschied.
Langfristige Strategien zur Burnout-Prävention bei ADHS
Ein Burnout kommt nicht über Nacht, und lässt sich auch nicht mit einem einzigen Trick verhindern. Aber: Du kannst viel tun, um dich nachhaltig zu entlasten, deine Energiereserven zu schützen und Warnzeichen frühzeitig zu erkennen. Gerade mit ADHS ist präventives Selbstmanagement besonders wichtig (Tenev, 2024).
Hier findest du erprobte Strategien, die sich im Alltag bewährt haben:
Realistische Ziele setzen, weniger Perfektion, mehr Entlastung
Viele ADHS-Betroffene neigen dazu, sich zu viel auf einmal vorzunehmen, aus Begeisterung, Überforderung oder weil sie sich selbst beweisen wollen. Die Folge: Überlastung und Frust (Tenev, 2024).
Was helfen kann:
- Teile grosse Ziele in kleine, erreichbare Etappen auf.
- Nutze Wochen- oder Tagespläne, um Prioritäten zu setzen.
- Übe dich in der Haltung: „Gut ist gut genug“, nicht alles muss perfekt sein.
- Feier bewusst auch kleine Erfolge, sie halten dich motiviert und stärken dein Selbstwertgefühl.
Routinen etablieren, für mehr Struktur und weniger Chaos
Routinen sind wie ein Geländer im Alltag. Sie geben Halt, besonders dann, wenn dein Kopf Karussell fährt (Tenev, 2024).
Tipps für bessere Alltagsstruktur:
- Starte mit einer festen Morgenroutine (z. B. aufstehen, duschen, 10 Min. an die frische Luft).
- Feste Zeiten für Essen, Schlaf und Arbeitsblöcke geben deinem Tag Rhythmus.
- Nutze visuelle Hilfen wie Whiteboards oder Wochenplaner, sie machen Abläufe greifbar.
- Fang klein an: Eine einfache Regel wie „jeden Abend 5 Minuten aufräumen“ kann viel verändern.
Technische Hilfsmittel clever nutzen, dein digitales Gedächtnis
Digitale Tools sind für Menschen mit ADHS oft eine grosse Entlastung. Wichtig ist: Einfach halten, lieber 1–2 Tools, die du wirklich nutzt, statt 10, die dich überfordern (Tenev, 2024).
Empfehlenswerte Helfer:
- Timer-Apps (z. B. Forest, Pomodoro-Timer): Für Fokusphasen & Pausen.
- To-do-Apps (z. B. TickTick, Todoist): Aufgaben sammeln, priorisieren, abhaken.
- Kalender mit Erinnerungsfunktion: Z. B. Google Calendar, mit Farbcode & Push-Nachrichten.
- Notiz-Apps (z. B. Evernote, Apple Notes): Für spontane Gedanken, Checklisten, Brain Dumps.
Tipp: Setze dir regelmässige Erinnerungen (z. B. jeden Freitag: „Was hat gut funktioniert? Was möchte ich nächste Woche besser machen?“)
Bewegung in den Alltag einbauen, auch kleine Einheiten helfen
Körperliche Aktivität ist kein „Nice to have“, sondern ein wichtiger Teil der Stressregulation, besonders bei ADHS. Bewegung hilft, überschüssige Energie abzubauen, die Stimmung zu stabilisieren und den Kopf freizubekommen (Tenev, 2024).
Alltagstaugliche Bewegungsimpulse:
- Spaziergang vor oder nach der Arbeit
- 10 Minuten Yoga oder Dehnübungen am Morgen
- Tanzpause zur Lieblingsmusik zwischendurch
- Treppen statt Lift, Fahrrad statt Auto, wenn möglich
- Nutze Bewegungs-Apps oder Challenges, um dranzubleiben
Therapie & Coaching, professionelle Begleitung entlastet
Du musst nicht alles alleine schaffen. Psychotherapie, vor Ort oder online, kann helfen, deine Muster zu erkennen, Strategien zu entwickeln und dich langfristig vor Überlastung zu schützen (Tenev, 2024).
Was dich unterstützen kann:
- Verhaltenstherapie: Um negative Denkmuster und Stressverstärker zu verändern.
- ADHS-Coaching: Praktische Hilfe im Alltag, z. B. bei Zeitmanagement & Zielsetzung.
- Medikamentöse Behandlung (wenn gewünscht & medizinisch sinnvoll): Kann helfen, die Symptome zu stabilisieren.
- Online-Angebote: Ideal bei wenig Zeit oder fehlenden Therapieplätzen in deiner Region.
Fazit: Burnout bei ADHS braucht besondere Aufmerksamkeit
Menschen mit ADHS sind nicht nur besonders kreativ, energiegeladen und empathisch, sie sind auch besonders sensibel für Stress und emotionale Belastung. Burnout ist deshalb kein Zeichen von Schwäche, sondern oft das Ergebnis jahrelanger Überanstrengung.
Wenn du betroffen bist: Du bist nicht allein. Und es gibt Hilfe. Früherkennung, gezielte Unterstützung und ein achtsamer Umgang mit dir selbst können dir helfen, aus dem Erschöpfungsmodus wieder zurück in deine Kraft zu finden.