Omega-3-Fettsäuren bei ADHS: Wirkung & Dosierung

Veröffentlicht am: 01. Oktober 2025
Zuletzt ärztlich geprüft am: 07. Oktober 2025

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Porträt von Dr. med. Jens Westphal, Praktischer Arzt FMH und medizinischer Reviewer bei klaro-adhs.ch. Er begleitet Patientinnen und Patienten in der Schweiz bei der Abklärung und Behandlung von ADHS. Das Bild zeigt ihn vor einem klaro-Hintergrund als Teil des ärztlichen Teams für ADHS Schweiz.

Dr. med. Jens Westphal

ADHS-Spezialist und Praktischer Arzt (FMH)
Dr. med. Jens Westphal ist Praktischer Arzt (FMH) mit langjähriger Erfahrung in der hausärztlichen Versorgung und Psychiatrie. Er ist medizinischer Reviewer bei klaro-adhs.ch und prüft alle Inhalte rund um ADHS, Diagnostik und Therapie auf wissenschaftliche Genauigkeit und praktische Umsetzbarkeit in der Schweizer Grundversorgung.

Inhaltsverzeichnis

Omega-3-Fettsäuren, insbesondere EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure), sind essentielle Bestandteile von Zellmembranen im Gehirn. Sie beeinflussen die Signalübertragung zwischen Nervenzellen, die Bildung von Neurotransmittern und haben eine entzündungshemmende Wirkung auf das zentrale Nervensystem. Besonders in der Wachstums- und Entwicklungsphase, aber auch im Erwachsenenalter, tragen diese Fettsäuren zur Stabilisierung kognitiver und emotionaler Funktionen bei (Bloch & Qawasmi, 2011).

Bei Menschen mit ADHS wurden in verschiedenen Studien signifikant niedrigere Omega-3-Werte im Blut festgestellt, sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. Dies betrifft vor allem EPA, das eine Schlüsselrolle bei der Regulation von Aufmerksamkeit, Stimmung und Impulskontrolle spielt (Bloch & Qawasmi, 2011). Ein Mangel an diesen Fettsäuren kann sich auf vielfältige Weise bemerkbar machen:

Typische Anzeichen eines Omega-3-Mangels bei ADHS:

  • Konzentrationsprobleme und geringe Aufmerksamkeitsspanne
  • Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen und erhöhte emotionale Empfindlichkeit
  • Erhöhte Impulsivität und mangelnde Selbstregulation
  • Geringere Stressresistenz und Überforderung in Alltagssituationen

Diese Symptome überschneiden sich häufig mit den typischen ADHS-Beschwerden. Deshalb wird eine gezielte Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren als vielversprechende Unterstützung in der Therapie diskutiert (Bloch & Qawasmi, 2011).

Was Omega-3 bei ADHS zusätzlich bewirken kann:

Wichtig: Omega-3 ersetzt keine ADHS-Therapie, kann aber ein wertvoller Bestandteil eines ganzheitlichen Ansatzes sein, besonders bei leichten bis moderaten Symptomen oder als begleitende Maßnahme bei komplexeren Behandlungsverläufen (Bloch & Qawasmi, 2011).

Was sagt die Wissenschaft? Studienlage im Überblick

Zahlreiche Studien und Meta-Analysen zeigen Hinweise darauf, dass Omega-3-Präparate die ADHS-Symptomatik positiv beeinflussen können, insbesondere bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefiziten (Chang et al., 2018).

Vorteile laut Studienlage:

  • Bessere Konzentration: Verbesserte Aufmerksamkeitsspanne und reduzierte Ablenkbarkeit
  • Weniger Hyperaktivität und Impulsivität: Besonders bei motorisch unruhigen Kindern
  • Stärkung exekutiver Funktionen:
    • Alltagsorganisation und Planung
    • Arbeitsgedächtnis
    • Emotionale Selbstregulation
  • Reduzierter Medikamentenbedarf: In einigen Fällen konnte die Dosierung von ADHS-Medikamenten gesenkt oder der Beginn hinausgezögert werden

Beispielhafte Studienergebnisse:

  • Die Meta-Analyse von Bloch & Qawasmi (2011) zeigte signifikante Verbesserungen bei Unaufmerksamkeit und Impulsivität, insbesondere mit hohem EPA-Anteil
  • Eine Studie mit 1.514 Kindern berichtete von positiven Effekten bei einem Verhältnis von EPA:DHA:GLA = 9:3:1
  • Chang et al. (2018) bestätigte diese Effekte in einer systematischen Übersichtsarbeit

Einschränkungen der Studienlage:

  • Einige Studien zeigen keine signifikanten Unterschiede zur Placebo-Gruppe
  • Die Wirkung ist individuell unterschiedlich und abhängig von:
    • Ausgangsniveau der Omega-3-Versorgung
    • Genetischen Faktoren (z. B. FADS2-Gen)
    • Alter, Geschlecht und Ernährung
    • Dauer der Einnahme (Effekte oft erst nach 8–12 Wochen sichtbar)

Fazit: Omega-3 ist kein Wundermittel, aber in vielen Fällen ein hilfreicher Baustein im Therapieplan. Eine medizinisch begleitete Einnahme ist empfehlenswert (Chang et al., 2018).

Dosierung & Auswahl: Worauf du achten solltest

Die Wirkung von Omega-3 hängt stark von der richtigen Dosierung und Zusammensetzung ab. Wichtig ist die Auswahl eines hochwertigen Produkts mit nachgewiesener Wirksamkeit (Chang et al., 2018).

Empfohlene Dosierung laut Studien:

  • EPA: 500–1000 mg täglich (wirkt besonders auf Impulsivität und Aufmerksamkeit)
  • DHA: niedriger dosiert als EPA, z. B. im Verhältnis 2:1 oder 3:1 (EPA:DHA)
  • GLA: Optional (bei Reizbarkeit), enthalten z. B. in Nachtkerzen- oder Borretschöl

Wichtige Auswahlkriterien für ein gutes Produkt:

  • Laborgeprüfte Qualität (frei von Schadstoffen wie PCB oder Schwermetallen)
  • Triglycerid- oder rTG-Form (bessere Aufnahme als Ethylester)
  • Frischer Geruch und neutraler Geschmack (kein Fischgeruch!)
  • Transparente Herkunft und Herstellung

Formen der Einnahme:Eine bunte Smoothie Bowl mit frischen Himbeeren, knackigen Kürbiskernen und Kokoschips, liebevoll angerichtet. Diese nährstoffreiche Mahlzeit kann bei ADHS Schweiz eine ausgewogene Ernährung unterstützen und Konzentration fördern.

  • Kapseln:
    • Geschmacksneutral und praktisch
    • Gut dosierbar, ideal für Erwachsene
  • Flüssige Öle:
    • Ideal für Kinder, da flexibel dosierbar
    • Tipp: Mit Saft oder Joghurt mischen
  • Lebensmittelquellen:
    • Fetter Fisch: Lachs, Makrele, Hering (mind. 2x/Woche)
    • Algenöl: Vegane Alternative, besonders reich an EPA/DHA

Tipp zur Einnahme: Immer zu einer fetthaltigen Mahlzeit einnehmen, das verbessert die Aufnahme im Körper erheblich (Liu et al., 2023).

Hinweis: Bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten oder gesundheitlichen Problemen immer ärztliche Rücksprache halten (Liu et al., 2023).

Nebenwirkungen & Anwendungshinweise

Omega-3-Präparate sind in der Regel gut verträglich, können aber bei empfindlichen Personen vorübergehende Nebenwirkungen verursachen (Liu et al., 2023).

Häufige Nebenwirkungen (mild & meist vorübergehend):

Anwendungstipps:

  • Mit fetthaltiger Mahlzeit einnehmen (z. B. Nüsse, Avocado)
  • Dosis langsam steigern, um Verträglichkeit zu prüfen
  • Kühl und lichtgeschützt lagern, ideal: Kühlschrank
  • Bei Unverträglichkeit auf höherwertiges Produkt wechseln oder Einnahmezeit anpassen (z. B. abends statt morgens)

Erfahrungsberichte & Praxiseindrücke

Viele berichten, dass sich erste Veränderungen nach 6–8 Wochen zeigen (Hawkey & Nigg, 2014). Häufig genannte positive Effekte sind:

  • Innere Ruhe: Weniger Rastlosigkeit, mehr Gelassenheit
  • Weniger Wutausbrüche: Bessere emotionale Selbstregulation
  • Fokus & Ausdauer: Längeres konzentriertes Arbeiten möglich
  • Weniger Alltagsstress: Mehr Stabilität im sozialen Miteinander

Tipp: Symptomprotokoll führen, hilft, Fortschritte sichtbar zu machen. Auch Lehrer:innen oder Erzieher:innen können wertvolle Beobachtungen beitragen (Cornu et al., 2018).

Fazit: Omega-3: sinnvolle Ergänzung mit Potenzial

Omega-3-Fettsäuren sind kein Ersatz für eine fundierte ADHS-Behandlung, aber eine vielversprechende Ergänzung. Besonders EPA scheint sich positiv auf Konzentration und Impulskontrolle auszuwirken. Entscheidend sind:

  • Eine ausreichende und gezielte Dosierung
  • Geduld bei der Wirkung (mind. 2 Monate einplanen)
  • Hochwertige Produktwahl

Individuelle Beobachtung, idealerweise begleitet von Fachpersonen (Chang et al., 2019).

Rezensentenblock

Porträt von Dr. Almedina Berisha, Ärztin im Team von klaro-adhs.ch. Sie unterstützt Patientinnen und Patienten bei der Diagnostik und Therapie von ADHS in der Schweiz. Das Bild zeigt sie im weissen Arztkittel mit Stethoskop vor einem klaro-Hintergrund.

Almedina Berisha

Ärztin Innere Medizin
Almedina Berisha ist Ärztin für Innere Medizin in der Schweiz mit besonderem Interesse an psychosomatischen Zusammenhängen und neurobiologischen Faktoren von ADHS. Sie prüft medizinische Inhalte auf klaro-adhs.ch auf wissenschaftliche Genauigkeit, klinische Relevanz und patientenverständliche Darstellung. Ihr Fokus liegt auf einer praxisnahen Vermittlung komplexer Themen der Erwachsenenmedizin und psychischen Gesundheit.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

  • Omega-3-Fettsäuren – insbesondere EPA und DHA – unterstützen die Signalübertragung im Gehirn und wirken entzündungshemmend. Studien zeigen, dass sie bei ADHS die Konzentration, Aufmerksamkeit und emotionale Stabilität verbessern können. Besonders EPA scheint dabei hilfreich, da es direkt an der Regulation von Dopamin beteiligt ist – einem Botenstoff, der bei ADHS häufig im Ungleichgewicht ist.

Quellenverzeichnis

  1. Bloch, M. H., & Qawasmi, A. (2011). Omega-3 fatty acid supplementation for the treatment of children with attention-deficit/hyperactivity disorder: A meta-analysis. Journal of the American Academy of Child & Adolescent Psychiatry, 50(10), 991–1000. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21961774/
  2. Chang, J. P.-C., Su, K.-P., Mondelli, V., Pariante, C. M., et al. (2018). Omega-3 polyunsaturated fatty acids in youths with attention deficit hyperactivity disorder (ADHD): A systematic review and meta-analysis of clinical trials and biological studies. Neuropsychopharmacology, 43(3), 534–545. https://www.nature.com/articles/npp2017160
  3. Liu, T.-H., et al. (2023). Omega-3 polyunsaturated fatty acids for core symptoms of attention-deficit/hyperactivity disorder: A meta-analysis of randomized controlled trials. Journal of Clinical Psychiatry, 84(5), 22r14772. https://www.psychiatrist.com/jcp/omega-3-polyunsaturated-fatty-acids-core-symptoms-adhd-meta-analysis-randomized-controlled-trials/
  4. Händel, M. N., Rohde, J. F., Rimestad, M. L., Bandak, E., Birkefoss, K., Tendal, B., Lemcke, S., & Callesen, H. E. (2021). Efficacy and safety of polyunsaturated fatty acids supplementation in the treatment of attention deficit hyperactivity disorder (ADHD) in children and adolescents: A systematic review and meta-analysis of clinical trials. Nutrients, 13(4), 1226. https://www.mdpi.com/2072-6643/13/4/1226
  5. Hawkey, E., & Nigg, J. T. (2014). Omega-3 fatty acid and ADHD: Blood level analysis and meta-analytic extension of supplementation trials. Clinical Psychology Review, 34(6), 496–505. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25181335/
  6. Cornu, C., Mercier, C., Ginhoux, T., Masson, S., Mouchet, J., Nony, P., … Revol, O. (2018). A double-blind placebo-controlled randomised trial of omega-3 supplementation in children with moderate ADHD symptoms. European Child & Adolescent Psychiatry, 27(3), 377–384. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28993963/
  7. Chang, J. P.-C., et al. (2019). High-dose eicosapentaenoic acid (EPA) improves attention and vigilance in children and adolescents with ADHD and low endogenous EPA levels. Translational Psychiatry, 9, 303. https://www.nature.com/articles/s41398-019-0633-0

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