Omega-3-Fettsäuren, insbesondere EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure), sind essentielle Bestandteile von Zellmembranen im Gehirn. Sie beeinflussen die Signalübertragung zwischen Nervenzellen, die Bildung von Neurotransmittern und haben eine entzündungshemmende Wirkung auf das zentrale Nervensystem. Besonders in der Wachstums- und Entwicklungsphase, aber auch im Erwachsenenalter, tragen diese Fettsäuren zur Stabilisierung kognitiver und emotionaler Funktionen bei (Bloch & Qawasmi, 2011).
Bei Menschen mit ADHS wurden in verschiedenen Studien signifikant niedrigere Omega-3-Werte im Blut festgestellt, sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. Dies betrifft vor allem EPA, das eine Schlüsselrolle bei der Regulation von Aufmerksamkeit, Stimmung und Impulskontrolle spielt (Bloch & Qawasmi, 2011). Ein Mangel an diesen Fettsäuren kann sich auf vielfältige Weise bemerkbar machen:
Typische Anzeichen eines Omega-3-Mangels bei ADHS:
- Konzentrationsprobleme und geringe Aufmerksamkeitsspanne
- Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen und erhöhte emotionale Empfindlichkeit
- Erhöhte Impulsivität und mangelnde Selbstregulation
- Geringere Stressresistenz und Überforderung in Alltagssituationen
Diese Symptome überschneiden sich häufig mit den typischen ADHS-Beschwerden. Deshalb wird eine gezielte Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren als vielversprechende Unterstützung in der Therapie diskutiert (Bloch & Qawasmi, 2011).
Was Omega-3 bei ADHS zusätzlich bewirken kann:
- Unterstützung der medikamentösen Therapie, eventuell Reduktion der Dosis

- Förderung der neuronalen Regeneration und Synapsenbildung
- Stabilisierung des allgemeinen Befindens
Wichtig: Omega-3 ersetzt keine ADHS-Therapie, kann aber ein wertvoller Bestandteil eines ganzheitlichen Ansatzes sein, besonders bei leichten bis moderaten Symptomen oder als begleitende Maßnahme bei komplexeren Behandlungsverläufen (Bloch & Qawasmi, 2011).
Was sagt die Wissenschaft? Studienlage im Überblick
Zahlreiche Studien und Meta-Analysen zeigen Hinweise darauf, dass Omega-3-Präparate die ADHS-Symptomatik positiv beeinflussen können, insbesondere bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefiziten (Chang et al., 2018).
Vorteile laut Studienlage:
- Bessere Konzentration: Verbesserte Aufmerksamkeitsspanne und reduzierte Ablenkbarkeit
- Weniger Hyperaktivität und Impulsivität: Besonders bei motorisch unruhigen Kindern
- Stärkung exekutiver Funktionen:
- Alltagsorganisation und Planung
- Arbeitsgedächtnis
- Emotionale Selbstregulation
- Reduzierter Medikamentenbedarf: In einigen Fällen konnte die Dosierung von ADHS-Medikamenten gesenkt oder der Beginn hinausgezögert werden
Beispielhafte Studienergebnisse:
- Die Meta-Analyse von Bloch & Qawasmi (2011) zeigte signifikante Verbesserungen bei Unaufmerksamkeit und Impulsivität, insbesondere mit hohem EPA-Anteil
- Eine Studie mit 1.514 Kindern berichtete von positiven Effekten bei einem Verhältnis von EPA:DHA:GLA = 9:3:1
- Chang et al. (2018) bestätigte diese Effekte in einer systematischen Übersichtsarbeit
Einschränkungen der Studienlage:
- Einige Studien zeigen keine signifikanten Unterschiede zur Placebo-Gruppe
- Die Wirkung ist individuell unterschiedlich und abhängig von:
- Ausgangsniveau der Omega-3-Versorgung
- Genetischen Faktoren (z. B. FADS2-Gen)
- Alter, Geschlecht und Ernährung
- Dauer der Einnahme (Effekte oft erst nach 8–12 Wochen sichtbar)
Fazit: Omega-3 ist kein Wundermittel, aber in vielen Fällen ein hilfreicher Baustein im Therapieplan. Eine medizinisch begleitete Einnahme ist empfehlenswert (Chang et al., 2018).
Dosierung & Auswahl: Worauf du achten solltest
Die Wirkung von Omega-3 hängt stark von der richtigen Dosierung und Zusammensetzung ab. Wichtig ist die Auswahl eines hochwertigen Produkts mit nachgewiesener Wirksamkeit (Chang et al., 2018).
Empfohlene Dosierung laut Studien:
- EPA: 500–1000 mg täglich (wirkt besonders auf Impulsivität und Aufmerksamkeit)
- DHA: niedriger dosiert als EPA, z. B. im Verhältnis 2:1 oder 3:1 (EPA:DHA)
- GLA: Optional (bei Reizbarkeit), enthalten z. B. in Nachtkerzen- oder Borretschöl
Wichtige Auswahlkriterien für ein gutes Produkt:
- Laborgeprüfte Qualität (frei von Schadstoffen wie PCB oder Schwermetallen)
- Triglycerid- oder rTG-Form (bessere Aufnahme als Ethylester)
- Frischer Geruch und neutraler Geschmack (kein Fischgeruch!)
- Transparente Herkunft und Herstellung
Formen der Einnahme:
- Kapseln:
- Geschmacksneutral und praktisch
- Gut dosierbar, ideal für Erwachsene
- Flüssige Öle:
- Ideal für Kinder, da flexibel dosierbar
- Tipp: Mit Saft oder Joghurt mischen
- Lebensmittelquellen:
- Fetter Fisch: Lachs, Makrele, Hering (mind. 2x/Woche)
- Algenöl: Vegane Alternative, besonders reich an EPA/DHA
Tipp zur Einnahme: Immer zu einer fetthaltigen Mahlzeit einnehmen, das verbessert die Aufnahme im Körper erheblich (Liu et al., 2023).
Hinweis: Bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten oder gesundheitlichen Problemen immer ärztliche Rücksprache halten (Liu et al., 2023).
Nebenwirkungen & Anwendungshinweise
Omega-3-Präparate sind in der Regel gut verträglich, können aber bei empfindlichen Personen vorübergehende Nebenwirkungen verursachen (Liu et al., 2023).
Häufige Nebenwirkungen (mild & meist vorübergehend):
- Magen-Darm-Beschwerden (z. B. Blähungen, weicher Stuhl) (Händel et al., 2021)
- Fischiges Aufstoßen (bei minderwertiger Qualität) (Händel et al., 2021)
- Geringfügige Blutgerinnungsverzögerung (bei Einnahme von Blutverdünnern Rücksprache halten) (Händel et al., 2021)
- Allergien bei Fisch- oder Meeresfrüchteallergie (Alternative: Algenöl) (Händel et al., 2021)
Anwendungstipps:
- Mit fetthaltiger Mahlzeit einnehmen (z. B. Nüsse, Avocado)
- Dosis langsam steigern, um Verträglichkeit zu prüfen
- Kühl und lichtgeschützt lagern, ideal: Kühlschrank
- Bei Unverträglichkeit auf höherwertiges Produkt wechseln oder Einnahmezeit anpassen (z. B. abends statt morgens)
Erfahrungsberichte & Praxiseindrücke
Viele berichten, dass sich erste Veränderungen nach 6–8 Wochen zeigen (Hawkey & Nigg, 2014). Häufig genannte positive Effekte sind:
- Innere Ruhe: Weniger Rastlosigkeit, mehr Gelassenheit
- Weniger Wutausbrüche: Bessere emotionale Selbstregulation
- Fokus & Ausdauer: Längeres konzentriertes Arbeiten möglich
- Weniger Alltagsstress: Mehr Stabilität im sozialen Miteinander
Tipp: Symptomprotokoll führen, hilft, Fortschritte sichtbar zu machen. Auch Lehrer:innen oder Erzieher:innen können wertvolle Beobachtungen beitragen (Cornu et al., 2018).
Fazit: Omega-3: sinnvolle Ergänzung mit Potenzial
Omega-3-Fettsäuren sind kein Ersatz für eine fundierte ADHS-Behandlung, aber eine vielversprechende Ergänzung. Besonders EPA scheint sich positiv auf Konzentration und Impulskontrolle auszuwirken. Entscheidend sind:
- Eine ausreichende und gezielte Dosierung
- Geduld bei der Wirkung (mind. 2 Monate einplanen)
- Hochwertige Produktwahl
Individuelle Beobachtung, idealerweise begleitet von Fachpersonen (Chang et al., 2019).