Timer, Tracker & Tools: Technik im ADHS-Alltag richtig nutzen

Veröffentlicht am: 01. Oktober 2025
Zuletzt ärztlich geprüft am: 08. Oktober 2025

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Porträt von Dr. med. Jens Westphal, Praktischer Arzt FMH und medizinischer Reviewer bei klaro-adhs.ch. Er begleitet Patientinnen und Patienten in der Schweiz bei der Abklärung und Behandlung von ADHS. Das Bild zeigt ihn vor einem klaro-Hintergrund als Teil des ärztlichen Teams für ADHS Schweiz.

Dr. med. Jens Westphal

ADHS-Spezialist und Praktischer Arzt (FMH)
Dr. med. Jens Westphal ist Praktischer Arzt (FMH) mit langjähriger Erfahrung in der hausärztlichen Versorgung und Psychiatrie. Er ist medizinischer Reviewer bei klaro-adhs.ch und prüft alle Inhalte rund um ADHS, Diagnostik und Therapie auf wissenschaftliche Genauigkeit und praktische Umsetzbarkeit in der Schweizer Grundversorgung.

Inhaltsverzeichnis

ADHS bedeutet nicht nur Unruhe oder Ablenkbarkeit – es bringt oft auch Schwierigkeiten mit sich, den Alltag zu strukturieren, Aufgaben zu priorisieren oder sich über längere Zeiträume hinweg zu konzentrieren. Viele Menschen mit ADHS berichten davon, dass ihnen selbst einfache To-dos plötzlich entgleiten, sie Deadlines vergessen oder sich in Details verlieren, ohne am Ende das Wesentliche geschafft zu haben (Barkley, 2021).

Genau hier können digitale Tools und Hilfsmittel einen entscheidenden Unterschied machen. Sie bieten nicht nur Struktur, sondern helfen auch dabei:

  • Termine im Blick zu behalten – mit Erinnerungen, Kalendern und Alarmsystemen
  • Zeit realistisch einzuschätzen – durch visuelle Timer und Fokusphasen
  • Ablenkungen zu reduzieren – mit Website-Blockern oder Fokus-Apps
  • Den Überblick zu behalten – durch einfache, visuelle To-do-Listen
  • Erfolge sichtbar zu machen – etwa durch Habit-Tracker oder Belohnungssysteme

Während neurotypische Menschen sich häufig intuitiv organisieren oder ihre Aufgaben „im Kopf“ behalten können, benötigen viele ADHS-Betroffene äussere Strukturen, um innere Ordnung zu schaffen. Technik ersetzt dabei nicht die Selbstverantwortung – aber sie wirkt wie eine digitale Stütze im Alltag.

Wichtig ist: Nicht jedes Tool passt zu jedem. Entscheidend ist, dass du herausfindest, was für dich persönlich funktioniert. Einige Menschen kommen mit einfachen Timer-Apps besser klar, andere brauchen visuelle Boards oder gamifizierte Habit-Tracker, um motiviert zu bleiben (Barkley, 2021).

Tools sind keine Spielerei – sondern echte Unterstützung. Richtig eingesetzt können sie dir helfen, deinen Alltag bewusster, strukturierter und stressfreier zu gestalten. Je früher du beginnst, digitale Helfer in deinen Alltag zu integrieren, desto eher wirst du merken, wie viel leichter gewisse Dinge plötzlich von der Hand gehen (Barkley, 2021).

  1. Timer & Zeitmanagement-Apps – Zeit sichtbar machen

Menschen mit ADHS haben häufig Schwierigkeiten, die verstrichene Zeit realistisch einzuschätzen – besonders bei Tätigkeiten, die wenig emotional belohnend sind oder wenn sie sich in Details verlieren. Die Folge: Aufgaben dauern viel länger als geplant oder werden ständig aufgeschoben. Genau hier setzen Timer-Tools an. Sie machen Zeit sichtbar, strukturieren den Tag und helfen, dranzubleiben – ohne sich überfordert zu fühlen (Barkley, 2021).

Warum Timer so gut bei ADHS funktionieren:Eine elegante Sanduhr mit feinem, braunem Sand steht auf einem hellen Untergrund, im Hintergrund sind getrocknete Blätter zu sehen. Im Kontext von ADHS Schweiz wird oft thematisiert, wie bewusste Zeitstrukturierung helfen kann, Stress und Überforderung zu vermeiden. Visuelle Timer wie Sanduhren sind einfache, aber effektive Hilfsmittel.

  • Zeit bekommt eine Form: Statt abstrakter Uhrzeit siehst du visuell, wie viel Zeit noch bleibt – das hilft, Prioritäten zu setzen.
  • Du bleibst fokussierter: Ein klarer Zeitrahmen reduziert Ablenkungen und motiviert, dranzubleiben.
  • Pause wird planbar: Wer weiss, dass nach 25 Minuten eine Pause kommt, kann sich eher auf die aktuelle Aufgabe konzentrieren.
  • Erfolg wird greifbar: Jeder erfolgreich gemeisterte Zeitblock fühlt sich wie ein kleiner Sieg an – das gibt Motivation.

Empfohlene Tools & Methoden:

  • Visual Timer (z. B. Time Timer):
    Stellt die verbleibende Zeit als schrumpfenden Farbkreis dar. Besonders geeignet für visuelle Lerntypen und alle, die mit klassischen Uhrzeiten wenig anfangen können.
  • Focus To-Do oder BeFocused:
    Kombinieren die beliebte Pomodoro-Technik (25 Minuten Fokus, 5 Minuten Pause) mit To-do-Listen. Ideal für strukturierte Arbeit in Etappen – auch für den Alltag daheim oder im Studium.
  • Forest App:
    Motivierender Ansatz: Während du fokussiert arbeitest, wächst ein virtueller Baum. Verlässt du die App zu früh, stirbt der Baum. Funktioniert besonders gut gegen Smartphone-Ablenkung.
  • Reminder-Apps mit Alarmfunktion (z. B. Alarmy oder Breathe):
    Erinnern dich an Pausen, Meetings oder Zeitwechsel – mit Ton, Vibration oder visueller Nachricht.
  • Analoge Alternativen:
    Eine klassische Eieruhr oder Sanduhr auf dem Schreibtisch kann ebenfalls helfen, vor allem wenn du Technik eher vermeiden möchtest (Nejati et al., 2024).

Tipps für die Anwendung im Alltag:

  • Starte mit kurzen Intervallen (z. B. 20–25 Minuten) und beobachte, was für dich funktioniert. Manche brauchen längere Phasen, andere profitieren von häufigeren Pausen.
  • Setz dir nur ein Ziel pro Zeitblock – so bleibst du realistisch und überforderst dich nicht.
  • Nutze Timer nicht nur für Arbeit, sondern auch für:
    • Haushalt (z. B. 10 Minuten Aufräumen)
    • Pausen (z. B. 5 Minuten frische Luft)
    • Übergänge (z. B. 3 Minuten zwischen Aufgaben)
  • Kombiniere den Timer mit einer kleinen Belohnung: ein Kaffee, ein kurzes Video oder Musik – das hilft, Routinen aufzubauen (Barkley, 2021).
  1. Aufgabenlisten & Planer – Struktur in den Kopf bringen

Menschen mit ADHS erleben ihren Alltag oft wie ein offenes Browser-Fenster mit 30 gleichzeitig laufenden Tabs – jeder steht für eine begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Aufgabe. Genau hier helfen Aufgabenlisten und digitale Planer, um mentale Entlastung zu schaffen und den Fokus zurückzuholen. Wichtig dabei: Es geht nicht darum, möglichst viel zu erledigen – sondern die richtigen Dinge im richtigen Moment im Blick zu behalten (Nejati et al., 2024).

Warum To-do-Listen bei ADHS so gut funktionieren:

  • Entlasten das Gehirn: Was aufgeschrieben ist, muss nicht mehr aktiv im Kopf behalten werden – das reduziert Stress und sorgt für Klarheit.
  • Sorgen für Struktur: Eine gut geführte Liste zeigt dir, was wirklich ansteht – und hilft, Prioritäten zu setzen.
  • Ermöglichen Erfolgserlebnisse: Das Abhaken oder Streichen von erledigten Aufgaben wirkt motivierend und stärkt das Gefühl von Kontrolle.
  • Schaffen Routine: Regelmässiges Planen (z. B. morgens oder abends) hilft, den Tag mit einem klaren Ziel zu starten.

Digitale Planer & Tools – Empfehlungen:Eine Hand hält ein Smartphone, auf dem die Notizen-App geöffnet ist, bereit für eine neue Eingabe. Digitale Hilfsmittel wie Notizen-Apps werden bei ADHS Schweiz oft empfohlen, um Aufgaben und Gedanken schnell festzuhalten. So können Betroffene ihre Organisation im Alltag verbessern.

  • Todoist
    Klassischer Aufgabenplaner mit Prioritäten, Wiederholungen, Unteraufgaben und Kalender-Integration. Gut geeignet für Menschen, die Klarheit und Struktur mögen.
  • Trello
    Visuelles Kanban-Board mit Karten und Listen – ideal für alle, die Aufgaben gerne verschieben oder nach Themenbereichen ordnen. Besonders motivierend, wenn man Aufgaben durch „drag & drop“ in die Spalte „Erledigt“ ziehen kann.
  • Notion
    Ein flexibler All-in-One-Arbeitsbereich für kreative Menschen, die ihre eigene Ordnung lieben. Ideal zum Kombinieren von To-do-Listen, Kalender, Notizen und sogar Journaling – perfekt für ADHS-Betroffene mit vielseitigen Interessen.
  • Google Tasks oder Apple Erinnerungen
    Einfach, direkt, zuverlässig – besonders für den Einstieg geeignet oder wenn du dein Smartphone ohnehin als Organisationstool nutzt.
  • Tweek oder Minimalist
    Reduzierte, visuelle Tools mit Fokus auf Tages- und Wochenplanung – für alle, die sich von zu viel Komplexität schnell überfordert fühlen.

So nutzt du deine Aufgabenliste optimal:

  • Plane realistisch: Schreib lieber 3–5 Aufgaben auf, die du wirklich schaffst – statt 15, die dich entmutigen.
  • Nutze Prioritäten: Markiere besonders wichtige oder dringende Aufgaben – z. B. mit Farben, Symbolen oder Nummern.
  • Teile grosse Aufgaben in kleine Schritte auf – das vermeidet Aufschieben und sorgt für mehr Motivation.
  • Plane Puffer ein: Nicht jeder Tag läuft wie geplant. Halte dir bewusst Raum frei für Unvorhergesehenes.
  • Feier kleine Erfolge: Hake ab, streiche durch oder mach ein Häkchen – jedes erledigte To-do ist ein kleines Erfolgserlebnis!

Tipp zum Schluss:

Wenn dir das tägliche Planen schwerfällt, versuch es mit einer einfachen Routine:

  • Morgens: 3 Aufgaben aufschreiben („Was muss heute wirklich sein?“)
  • Abends: Rückblick machen („Was lief gut, was darf morgen auf die Liste?“)

So entsteht eine entspannte Struktur, die dir hilft, den Überblick zu behalten – ohne dich zu überfordern (Nejati et al., 2024).

  1. Fokus-Apps & Ablenkungsblocker – Stille für dein Gehirn

Wer kennt’s nicht: Du willst „nur kurz“ eine Mail checken – und 30 Minuten später scrollst du durch TikTok, liest News oder landest bei einem Katzenvideo. Besonders bei ADHS sind Ablenkungen durch digitale Reize ein ständiger Begleiter. Fokus-Tools helfen dir, diese Reizüberflutung gezielt zu unterbrechen – und deine Konzentrationsphasen zu schützen (Thomas & Karuppali, 2022).

Warum Fokus-Tools bei ADHS so hilfreich sind:

  • Schützen dich vor Impulsnutzung: Viele Klicks passieren automatisch. Fokus-Apps setzen dir sanfte (oder auch harte) Grenzen.
  • Reduzieren Reizüberflutung: Weniger Benachrichtigungen = weniger Unterbrechungen.
  • Stärken deine Selbststeuerung: Wer seine Umgebung gestaltet, kann sein Verhalten besser beeinflussen – das gilt besonders bei ADHS.
  • Erhöhen die Produktivität: Mit weniger Ablenkung bleibt mehr Energie für das Wesentliche.

Effektive Tools, die dich unterstützen:

  • StayFocusd (Chrome)
    Blockiert bestimmte Webseiten, nachdem ein tägliches Limit erreicht ist. Ideal, um Social Media & Co. nur zeitlich begrenzt zuzulassen.
  • Freedom
    Blockiert Webseiten und Apps auf mehreren Geräten gleichzeitig. Du kannst ganze „Ablenkungslisten“ definieren – etwa für konzentriertes Arbeiten oder entspannte Abendstunden.
  • Cold Turkey
    Der kompromisslose Klassiker: Sperrt Apps, Webseiten oder sogar den ganzen Browser – und lässt sich in Fokusphasen nicht einfach deaktivieren. Super für alle, die gerne ihre „Hintertürchen“ nutzen wollen.
  • Forest
    Pflanze virtuell Bäume, während du fokussiert bleibst – und dein Baum stirbt, wenn du die App verlässt. Eine spielerische Methode mit Dopamin-Bonus!
  • Minimalist Phone Screens
    Richte deinen Startbildschirm bewusst schlicht ein – z. B. ohne Social Media, News oder bunte Icons. So wirst du weniger getriggert, dein Handy „mal eben“ zu entsperren.
  • Benachrichtigungen aus!
    Nutze den Fokusmodus deines Handys (z. B. bei iOS oder Android), um Anrufe, Pop-ups und Töne gezielt auszublenden – besonders in Lern-, Arbeits- oder Ruhezeiten.

So richtest du dir eine digitale Fokus-Zone ein:

  • Plane feste Fokuszeiten ein: Etwa 2× täglich je 30–60 Minuten, in denen du gezielt mit Hilfe deiner Tools Ablenkungen blockierst (Thomas & Karuppali, 2022).
  • Nutze ein visuelles oder akustisches Signal: Z. B. eine Timer-App oder Konzentrationsmusik als Startzeichen – so weiss dein Gehirn: Jetzt beginnt der Fokusmodus (Thomas & Karuppali, 2022).
  • Erstelle deine persönliche „Ablenkungsliste“: Welche Seiten oder Apps sind für dich typische Zeitfresser? Blockiere sie gezielt – je nach Tageszeit oder Aufgabe (Thomas & Karuppali, 2022).
  • Belohne dich nach erfolgreichen Fokusphasen: Ein Tee, ein kurzer Spaziergang oder bewusstes Scrollen als Belohnung – so bleibt der Umgang gesund (Thomas & Karuppali, 2022).
  1. Kalender & Erinnerungen – Nichts mehr vergessen

Viele Menschen mit ADHS kämpfen im Alltag mit Vergesslichkeit – sei es bei Terminen, Geburtstagen, Fristen oder alltäglichen Aufgaben wie dem Wäschewaschen oder Rechnungen zahlen. Das liegt nicht an mangelndem Willen, sondern an typischen Merkmalen der ADHS wie einer schwächeren Arbeitsgedächtnisleistung oder Problemen mit der sogenannten „zeitlichen Selbstverankerung“ (Marx et al., 2022).

Ein gut geführter Kalender – ob digital oder analog – kann dir helfen, diese Herausforderungen zu meistern und den Tag besser zu strukturieren. Besonders in Kombination mit Erinnerungsfunktionen entsteht ein verlässliches System, das dich entlastet und dabei unterstützt, nichts mehr zu übersehen.

Warum Kalender & Erinnerungen bei ADHS so wichtig sind:

  • Entlastung des Kurzzeitgedächtnisses – du musst dir nicht alles merken, sondern kannst dich auf dein System verlassen.
  • Bessere Zeitplanung – du bekommst ein realistisches Gefühl dafür, wie lange Aufgaben dauern und wo noch Luft ist.
  • Weniger Stress & Überraschungen – du kannst vorausplanen, statt nur auf spontane Impulse zu reagieren.
  • Routine & Struktur – feste Zeiten schaffen Verlässlichkeit und geben Sicherheit im Alltag.

Empfohlene Systeme und wie du sie optimal nutzt:

Google Kalender

  • Synchronisiert sich über Handy, Tablet und PC.
  • Bietet farbige Kategorien (z. B. Arbeit, Freizeit, Termine).
  • Erinnerungsfunktion via Push, E-Mail oder Pop-up.
  • Kann mit anderen geteilt werden (z. B. mit Partner:in oder Therapeut:in).

iCal (Apple) oder Outlook (Microsoft)

  • Ideal für strukturierte Tages- oder Wochenansichten.
  • Lässt sich gut mit Aufgabenlisten und E-Mail verknüpfen.
  • Eingebaute Alarme erinnern dich mehrfach, wenn du willst.

Papierkalender + Handy-Reminder

  • Viele ADHS-Betroffene schätzen das handschriftliche Planen, weil es das Gedächtnis zusätzlich aktiviert.
  • Die Kombination beider Systeme (analog & digital) kann helfen, das Beste aus beiden Welten zu nutzen.

Spezial-Tipp: Zwei-Wecker-System

  • Setze dir zwei Erinnerungen pro Termin: eine „Vorschau“ (z. B. 1–2 Stunden vorher) und eine „Jetzt los!“ Erinnerung – so vermeidest du Last-Minute-Stress.

Was du zusätzlich einplanen solltest:

Viele Kalender enthalten nur „Pflichten“. Doch bei ADHS ist es entscheidend, auch Regenerationszeit und Pufferzonen bewusst einzutragen. Nur so entsteht ein ausgewogener Alltag, der dich nicht überfordert (Marx et al., 2022).

  • Feste Pausen – auch wenn sie nur 10 Minuten dauern, helfen sie deinem Gehirn, durchzuatmen.
  • „Unverplante Zeit“ – für Flexibilität, spontane Bedürfnisse oder einfach als Puffer.
  • Erfolgserlebnisse notieren – trage auch erledigte Aufgaben oder schöne Momente ein – das stärkt Motivation & Selbstwert.

Weitere Tools, die helfen:

  • Todoist oder TickTick: Kombinieren Kalender, Aufgaben und Prioritätenlisten.
  • TimeTimer-App: Zeigt dir visuell an, wie viel Zeit noch bleibt – super für Menschen mit ADHS, die das Zeitgefühl verlieren.
  • Stift & Whiteboard in Sichtweite: Zentrale Termine sichtbar machen – besonders für visuell orientierte Menschen.
  1. Gewohnheiten aufbauen – Schritt für Schritt zum besseren AlltagEine klassische Sanduhr aus Holz steht auf einem Schreibtisch, im Hintergrund sind Bücher und eine Uhr unscharf erkennbar. Die Szene symbolisiert den bewussten Umgang mit Zeit, ein wichtiges Thema bei ADHS Schweiz. Strukturierte Zeitplanung kann Betroffenen helfen, den Alltag besser zu bewältigen.

Für viele Menschen mit ADHS fühlt sich der Alltag chaotisch, unstrukturiert oder unberechenbar an. Gleichzeitig sind regelmässige Gewohnheiten ein Schlüssel, um mehr Stabilität, Fokus und Selbstwirksamkeit zu erleben. Doch genau das fällt oft besonders schwer: Routinen durchzuhalten, ohne sie nach ein paar Tagen wieder zu vergessen oder frustriert aufzugeben (Barkley, 2025).

Die gute Nachricht: Gewohnheiten lassen sich trainieren – Schritt für Schritt und in deinem Tempo. Mit der richtigen Strategie und unterstützenden Tools kann es sogar richtig Spass machen, dranzubleiben (Barkley, 2025).

Warum Gewohnheiten bei ADHS helfen:

  • Reduzieren Entscheidungsstress: Wiederkehrende Abläufe nehmen dir mentale Last ab.
  • Geben Struktur: Gerade in unruhigen Phasen helfen Routinen, nicht völlig aus dem Takt zu geraten.
  • Stärken das Selbstwertgefühl: Jeder kleine Erfolg zeigt: Ich kann etwas schaffen!
  • Bringen langfristige Veränderung: Selbst Mini-Gewohnheiten führen über Wochen zu echten Verbesserungen.

So gelingt der Einstieg – mit kleinen Schritten:

  • Fang mit einer (!) neuen Gewohnheit an – zum Beispiel: jeden Morgen 1 Glas Wasser trinken, 5 Minuten lüften, To-do-Liste schreiben.
  • Koppel die neue Gewohnheit an etwas Bestehendes – z. B.: Nach dem Zähneputzen → 5 Minuten Dehnen.
  • Nutze feste Tageszeiten – unser Gehirn liebt Rhythmus. Morgens und abends sind besonders geeignet für Rituale.
  • Mach Fortschritte sichtbar – z. B. mit einem Habit-Tracker, Stickerkalender oder kleinen Belohnungen.
  • Akzeptiere Rückschläge – ein ausgelassener Tag ist kein Scheitern. Fang einfach wieder an – ganz ohne Schuldgefühle.

Top-Apps für Gewohnheiten bei ADHS:

Habitica

  • Ideal für Gamer:innen: Du baust deine eigene Spielfigur auf und erhältst Belohnungen für jede erfüllte Gewohnheit.
  • Super motivierend durch spielerische Elemente (Level, Ausrüstung, Gruppen-Challenges).

Streaks (iOS)

  • Sehr übersichtliche App, die visuell zeigt, wie lange du eine Gewohnheit schon durchziehst.
  • Perfekt für minimalistische Nutzer:innen, die visuelle Belohnung lieben.

Loop Habit Tracker (Android)

  • Einfach, aber effektiv: Setze Ziele, tracke deine Erfolge und beobachte deine Entwicklung mit klaren Statistiken.

Done (iOS)

  • Mehrere Ziele pro Tag, positive Verstärkung durch Balken & Farben, einfache Bedienung.

Hilfreiche Gewohnheiten für den Alltag mit ADHS:

Hier ein paar Ideen, die besonders wirkungsvoll sein können:

  • Morgens:
    • Aufstehen ohne Snooze-Taste
    • 5 Minuten Licht (z. B. Tageslichtlampe)
    • 1 Glas Wasser trinken
  • Tagsüber:
    • Alle 90 Minuten eine kurze Bewegungspause
    • Einmal täglich checken: Was habe ich heute schon geschafft?
  • Abends:

Extra-Tipp:

Erwarte keine Perfektion. Es ist völlig okay, mal zu stolpern – wichtig ist, dass du immer wieder zum Ritual zurückkehrst. Routine ist keine Einbahnstrasse, sondern ein Weg, den du täglich neu betrittst (Barkley, 2025).

Fazit: Tools sind keine Wunderwaffe – aber eine echte Hilfe

Digitale Helfer ersetzen keine Therapie – aber sie können dich im Alltag enorm entlasten. Der wichtigste Schritt ist, die Tools auszuprobieren und individuell anzupassen. Nicht alles passt für jeden – aber etwas passt immer.

Starte klein:

  • Einen Timer aktivieren.
  • Eine App installieren.
  • Eine Aufgabe planen.

Je mehr Struktur du schaffst, desto mehr Energie bleibt für das, was wirklich zählt: dein Leben mit ADHS bewusst zu gestalten.

Rezensentenblock

Porträt von Dr. Almedina Berisha, Ärztin im Team von klaro-adhs.ch. Sie unterstützt Patientinnen und Patienten bei der Diagnostik und Therapie von ADHS in der Schweiz. Das Bild zeigt sie im weissen Arztkittel mit Stethoskop vor einem klaro-Hintergrund.

Almedina Berisha

Ärztin Innere Medizin
Almedina Berisha ist Ärztin für Innere Medizin in der Schweiz mit besonderem Interesse an psychosomatischen Zusammenhängen und neurobiologischen Faktoren von ADHS. Sie prüft medizinische Inhalte auf klaro-adhs.ch auf wissenschaftliche Genauigkeit, klinische Relevanz und patientenverständliche Darstellung. Ihr Fokus liegt auf einer praxisnahen Vermittlung komplexer Themen der Erwachsenenmedizin und psychischen Gesundheit.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

  • Ja, visuelle Zeitmesser wie der Time Timer sind besonders hilfreich bei ADHS. Sie machen Zeit sichtbar – ein grosser Vorteil, da viele Betroffene das Zeitgefühl verlieren oder unterschätzen, wie lange Aufgaben dauern. Durch den farbigen Kreis, der langsam schrumpft, wird Zeit konkret erfahrbar. Das reduziert Stress, verbessert die Planung und unterstützt die Selbstregulation.

Quellenverzeichnis

  1. Barkley, R. A. (2021). Time Perception is a Focal Symptom of Attention-Deficit / Hyperactivity Disorder: A Review. PMC. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8293837/ 
  2. Nejati, V., et al. (2024). Transcranial direct current stimulation improves time perception in ADHD. Scientific Reports. https://www.nature.com/articles/s41598-024-82974-8

  3. Thomas, N., & Karuppali, S. (2022). The Efficacy of Visual Activity Schedule Intervention in Reducing Problem Behaviors in Children with ADHD: A Systematic Review. PMC. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8733412/
  4. Marx, I., et al. (2022). Altered Perceptual Timing Abilities in Attention-Deficit / Hyperactivity Disorder: Meta-Analysis. [Abstract] Neuroscience / timing research. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0890856721020451
  5. Barkley, R. A. (2025). Time Perception Deficits in Attention Disorders: Full Article. Taylor & Francis / Tandfonline. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/21622965.2025.2541182?src=exp-la

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